Rostock (epd)Für die meisten Arten wie den Menschen steigt die Sterblichkeitsrate im Laufe des Lebens immer weiter an. Für Hydra scheine die Evolution einen Weg gefunden zu haben, diesem Alters-Abbau zu entkommen, teilte das Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung am Dienstag mit.
Bei Hydra handelt es sich um ein zentimetergroßes Wassertierchen mit mikroskopisch dünnen Tentakeln. Seit März 2006 versorgen die Forscher rund 1.800 der Mini-Tierchen in einem Labor im Keller des Rostocker Instituts. Jeder einzelne Polyp lebt in einer kleinen Glasschale getrennt von seinen Artgenossen in einem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus bei konstant 18 Grad. Dreimal pro Woche gibt es exakt dieselbe Ration an Nahrung. Natürliche Todesgefahren wie Fressfeinde fehlen. Sie vermehren sich asexuell, indem sie Ableger ausknospen. Alle Nachkommen werden in eine eigene Glasschale umgesiedelt und ebenfalls durchgefüttert.
Laborunfälle als große Gefahr
Die Zahl der jährlichen Todesfälle war mit durchschnittlich fünf äußerst gering. Kam tatsächlich einmal ein Tierchen ums Leben, war es meistens ein Laborunfall, etwa wenn die Polypen an den Deckeln ihrer Glasbehälter haften blieben und vertrockneten. Aus den wenigen natürlichen Todesfällen berechneten die Forscher die Sterblichkeit der Hydra. Sie sei so niedrig, dass selbst mehrere Forscherleben nicht reichen würden, um das Ende einer Polypengeneration zu beobachten, hieß es. Selbst nach 500 Jahren wären noch fünf Prozent eines Jahrgangs am Leben.
"Unsere Ergebnisse fordern die gängigen Theorien zur Evolution des Alterns heraus", sagte Ralf Schaible, Demograf am Rostocker Institut. Nach diesen Theorien bauen alle mehrzelligen Lebewesen, die fähig sind sich fortzupflanzen, mit dem Alter körperlich ab. Zum einen geht die Geburtenrate nach einer Reproduktionsphase im jungen Erwachsenenalter stark zurück. Dies ist bei Hydra nicht zu beobachten. Zum anderen beginnt mit der Geschlechtsreife das Sterberisiko deutlich zu steigen. Beim Menschen beträgt die Sterbe-Wahrscheinlichkeit für hohe Lebensjahre bis zu 50 Prozent. Bei Hydra blieb sie konstant bei niedrigen 0,6 Prozent, ein Wert, den Menschen nur als junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren erleben.
Im Ergebnis bleiben die Rostocker Polypen für immer jung. "Hydra schafft es anscheinend, ihren Körper jung zu halten, ohne wie andere Lebewesen Schäden und Mutationen anzuhäufen und dadurch letztlich zu vergreisen", sagte der Rostocker Biodemograf Alexander Scheuerlein. Wahrscheinlich sei den Polypen eine besondere Strategie der Selbsterhaltung möglich, da ihre Körper und Zell-Prozesse recht einfach seien. So schafft es Hydra, kaputte oder verlorene Körperteile komplett zu ersetzen, da ihr Anteil von Stammzellen besonders hoch ist.