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Friedensaktivisten in Stuttgart (Archivbild).
«Terrorismus kann man nicht wegbomben»

Diplomatie, Stopp von Waffenexporten, eine gerechtere Weltwirtschaft: Das sind für die Friedensbewegung richtige Antworten auf den Terrorismus. Kampfeinsätze würden weder die Sicherheit erhöhen noch den Opfern nutzen.
27.11.2015
epd
Rainer Hofmann (epd)

Bonn (epd)Deutschland steht vor einer Beteiligung an Kampfeinsätzen gegen den "Islamischen Staat" (IS). Die Friedensbewegung warnt indes vor einem militärischen Vorgehen und lehnt auch die geplante Beteiligung der Bundeswehr mit Aufklärungsflugzeugen und logistischer Unterstützung ab. "Krieg gegen den IS-Terror ist keine Lösung", sagt Paul Russmann von der Stuttgarter Initiative "Ohne Rüstung leben". Als katastrophal bezeichnet Jan Gildemeister, Geschäftsführer der evangelischen Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) in Bonn, die aktuelle Entwicklung. "Deutschland wird nun auch zur Kriegspartei", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Selbstmordattentäter werden motiviert

Selbst wenn die IS-Miliz militärisch zurückgedrängt werden sollte, würde das Problem nicht gelöst, sagt Gildemeister. "Militärschläge führen nur zu mehr zivilen Opfern, die schon jetzt durch die Einsätze Russlands, Frankreichs, der USA oder anderer Staaten zu beklagen sind." Terroristen ließen sich dadurch aber nicht von Anschlägen abhalten: Ganz im Gegenteil, Militäraktionen würden nur den Hass steigen und Selbstmordattentäter motivieren.

Auch aus Russmanns Sicht kann Sicherheit vor Terrorismus nicht durch Kampfeinsätze der Bundeswehr oder Waffenlieferungen erreicht werden. "Man kann einen Gegner von Demokratie, Humanität und Freiheit nicht bekämpfen, indem man ihm ähnlich wird", warnt der gelernte Bankkaufmann und Diplom-Theologe. "Krieg gegen den Terrorismus zerstört Leben und Lebensgrundlagen und führt zu Flucht und neuem Terror."

Andere Friedensorganisationen teilen diese Einschätzung. So wendet sich Wolfgang Schlupp-Hauck von der "Pressehütte Mutlangen" gegen jeden Versuch, die Anschläge von Paris "auszunutzen, um Krieg zu befürworten". Vergeltung sei keine gute Antwort. "Der Krieg gegen den Terror nach dem 11. September hat dem Terror von Paris erst den Weg bereitet", erinnerte Schlupp-Hauck an die Anschläge in den USA vor 14 Jahren.

Politik der Diplomatie

Pfarrer Matthias Engelke, der den deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes leitet, stuft Terrorismus als eine Art von Kriminalität ein. "Terrorismus kann man nicht wegbomben, so wenig, wie man Feindschaft töten kann", betont er.

Statt eines militärischen Vorgehens setzt die Friedensbewegung auf Diplomatie. "Erhebliche Chancen liegen in den aktuellen internationalen Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine friedliche Beilegung des Syrienkonflikts", sagt der AGDF-Vorsitzende Gildemeister. Er fordert "eine Politik der globalen Gerechtigkeit, die sich an den Bedürfnissen der Menschen weltweit orientiert und dem Terrorismus den Nährboden entzieht". Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen will, muss ihm auch nach Russmanns Ansicht "den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, auf dem er gedeiht".

Eine Mitschuld an der Entwicklung gibt die Friedensbewegung der deutschen Rüstungspolitik. Christen sollten Böses mit Gutem überwinden, sagt Russmann. "Aber oft tragen auch wir zum Bösen bei, durch unser Wirtschaftssystem oder durch Rüstungsexporte." Auch für Gildemeister trägt Deutschland eine Mitverantwortung für den Terror im Nahen und Mittleren Osten "durch militärische Interventionen, Waffenlieferungen und die Ausbildung von Milizen".

Einig sind sich die Vertreter der Friedensbewegung darin, dass Muslime und Flüchtlinge nun nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden dürften. "Flüchtende und Migranten sind nicht die Ursache für Terror, sondern vielmehr eine Folge", betont Gildemeister. Und Russmann warnt, pauschale Verdächtigungen von Muslimen würden dem IS in die Hände spielen.