Fernseh-Vorschau: "Sturköpfe" und "Besonders normal"
Was lohnt sich im Fernsehen vom 28. November bis 5. Dezember?
Evangelisch.de blickt auf die Fernsehwoche - wo lohnt sich das Einschalten im Fernsehen vom 28. November bis 5. Dezember?

29.11., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: 100 plus - Mitten im Leben"

In Deutschland sind inzwischen 14.000 Menschen hundert oder älter. Dabei stehen an der äußersten Spitze der Alterspyramide viele mitten im Leben. Sie engagieren sich und schmieden noch Pläne. Eine Generation, die meist wenig wahrgenommen wird und doch ganz viel zu sagen hat: die Generation "100 plus". Norman Striegel stellt einige von ihnen vor. Ein alter Herr ist gerade hundert geworden und körperlich wie auch geistig noch topfit. Eine gleichaltrige Frau ist ebenfalls noch vollkommen selbständig. Ihr Leben ist die Malerei. Die kinderlose Witwe hat gute Freunde, die allesamt um Generationen jünger sind. Eine zweite hochbetagte Frau lebt immer noch in ihrer Wohnung im dritten Stock ohne Aufzug. Sie hat eine Putzhilfe, und einer ihrer Söhne geht regelmäßig mit ihr einkaufen, aber ansonsten regelt sie ihren Haushalt alleine. Drei ihrer Kinder musste sie bereits beerdigen; ein Schicksal, das sie mit vielen uralten Menschen teilt.

30.11., ARD, 22.45 Uhr: "Die Story im Ersten: Richter Gottes"

Es gibt in Deutschland eine Gerichtsbarkeit, die kaum jemand kennt: Die Prozesse der Kirchengerichte behandeln Verfehlungen des katholischen Personals. Eva Müller stellt in ihrer Dokumentation die geheimen Prozesse der Kirche vor; und die Menschen, die daran beteiligt sind. Die Ärztin Cäcilia Giebermann zum Beispiel ist im Zweitberuf ist Richterin am Offizialat des Erzbistums Köln. 22 katholische Straf- und Ehegerichte gibt es in Deutschland. Dort führen Giebermann und ihre Kollegen Zeugenbefragungen und Verhöre durch. Es gibt Ermittler, Gutachter, Kirchenanwälte, Vernehmungsrichter. Sie verhandeln die Prozesse unter Ausschluss der Öffentlichkeit, nur selten dringt etwas nach außen, denn die Gerichte befassen sich unter anderem mit den Missbrauchstätern. Außerdem führen sie Eheprozesse, in denen es um das intime Familienleben geht. Die sogenannten "Ehenichtigkeitsverfahren" sind die einzige Möglichkeit, eine katholische Ehe aufzuheben und daher die einzige Chance für Kirchenangestellte in Deutschland, die trotz einer zweiten Beziehung ihren Arbeitsplatz nicht verlieren wollen. Der Film gibt zum ersten Mal einen Einblick in die Welt der deutschen Kirchengerichte.

30.11., ZDF, 20.15 Uhr: "Nacht der Angst"

Vor einigen Jahren musste sich eine Hebamme wegen Totschlags vor dem Dortmunder Landgericht verantworten, weil ein Baby nach der Geburt gestorben war. Die Staatsanwaltschaft war der Meinung, sie habe den Tod des Kindes "billigend in Kauf genommen", um ihr Konzept einer Hausgeburt durchzuziehen. Nach zwei Prozessjahren erging das Urteil: über sechs Jahre Gefängnis, Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlungen, Berufsverbot. Man muss diesen Hintergrund nicht kennen, zumal Regisseurin Gabriela Zerhau in ihrem Drehbuch mehrere Fälle berücksichtigt hat; "Nacht der Angst" ist auch ohne dieses Wissen ein fesselndes, ausgezeichnet gespieltes Drama, das schon allein durch seine geschickte Dramaturgie für erhebliche Spannung sorgt. Doch der Fall gibt dem Film natürlich eine besondere Tragweite, denn er führt vor Augen, was viele freie Hebammen bei verschiedenen Prozessen dieser Art in den letzten Jahren empfunden haben: Nina Kunzendorf spielt eine Hebamme, die wegen Totschlags vor Gericht steht, weil eine junge Frau ihre Zwillinge unbedingt in einem Geburtshaus zur Welt bringen wollte. Der Geburtshelferin droht Schmerzensgeld in Millionenhöhe und Berufsverbot. Kunzendorf verkörpert die Hebamme, die sich wie das Opfer einer Hexenjagd fühlt, mit großer Empathie; auch die weiteren Schauspielerin sind von Gabriela Zerhau ausgezeichnet geführt. Ähnlich bemerkenswert sind Bildgestaltung und Musik.

30.11., 3sat, ab 20.15 Uhr: "Besonders normal"

Drei Stunden lang widmet 3sat diesen Abend dem Leben mit Behinderung. Den Auftakt macht um 20.15 Uhr der Spielfilm "Be My Baby". Heldin Nicole ist eine selbstbewusste junge Frau mit Down-Syndrom. Sie möchte einen Freund haben, heiraten, ein Baby bekommen und einfach normal sein. Sie kämpft für ihr Recht auf Selbstbestimmung. "Be My Baby" ist der Debütfilm von Regisseurin Christina Schiewe. Für Hauptdarstellerin Carina Kühne war es die erste Filmrolle. Sie hat das Down Syndrom und engagiert sich gesellschaftlich für Akzeptanz und Inklusion. Um 21.55 Uhr folgt die Dokumentation "Raus ins Leben". Hiltrud Fischer-Taubert stellt drei junge Menschen vor, die ihre eigenen Wege gehen und sich dabei auch nicht von ihrer Behinderung aufhalten lassen wollen: Schülerin Lena hat das Down-Syndrom, nimmt aber an einer Rallye bis in den Orient teil; Florian hat es geschafft, aus der Provinz nach Hamburg umzuziehen, und auch Yves traut sich im Alltag immer mehr zu, seit er in einer WG lebt. Dass viele junge Menschen mit Behinderung von zu Hause ausziehen, ist eine relativ neue Entwicklung; auch, weil es Eltern oft schwer fällt, loszulassen. Erst nach und nach werden Strukturen geschaffen, damit junge Frauen und Männer mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung möglichst selbständig leben können - und so mitten in der Gesellschaft ankommen. Den Abschluss des Abends bildet um 22.40 Uhr die Dokumentation "Lernen mit Handicap". Autorin Adina Rieckmann erläutert anhand verschiedener Fallbeispiele die Möglichkeiten und Grenzen von Inklusion.

30.11., WDR Fernsehen, 22.00 Uhr: "die story: Das Klima machen wir uns selbst"

Egal, zu welchen Zielen sich die Politiker bei der Weltklimakonferenz Paris durchringen: Der Mensch hat das Klima längst verändert. Hitze und Dürre in Kalifornien, Flutkatastrophen in Bangladesch, Orkane auf den Philippinen: Überall auf der Welt leiden die Menschen unter den ersten Anzeichen des von uns allen verschuldeten Klimawandels. In einer Gemeinschaftsproduktion der ARD-Studios zeigt der WDR sowohl die Folgen dieser dramatischen Veränderungen als auch Versuche, das Schlimmste noch abzuwenden. In Ghana zum Beispiel treibt der Klimawandel die Menschen in die Landflucht. Tausende Bäuerinnen aus dem von Bränden und Überflutungen geplagten Norden ziehen in den grünen Süden, um dort als Lastträgerinnen zu arbeiten. In Kalifornien hat es seit vier Jahren kaum geregnet, die Böden ausgedörrt, das Trinkwasser immer knapper. Die Regierung hat Wassersparen verordnet, und so haben Gärtner Hochkonjunktur, die aus braunen Wiesen Wüstengärten kreieren. In Deutschland wird der Klimawandel vor allem mit Wetterkapriolen, Ernteausfällen, aber auch neuen Gesundheitsrisiken begleitet. Eine Invasion bedroht uns aus der Luft: Mückenalarm. Drei exotische Arten haben es bereits in unsere Breiten geschafft. Früher hätten sie die kalten Winter hier nicht überlebt, jetzt könnten sie Tropenkrankheiten zurück nach Deutschland bringen.

1.12., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Niemand darf es wissen. Corinne und ihr Geheimnis"

Anlässlich des Welt-Aids-Tages zeigt das ZDF das Porträt einer jungen Frau, die zehn Jahre lang durch ihre Kindheit und Jugend begleitet worden ist. Autorin Maike Conway hat ihr Material auch zu einem "Kleinen Fernsehspiel" verarbeitet (7. Dezember, "Corinnes Geheimnis".) Nicht mal Corinne selbst wusste als Kind, warum sie dauernd Tabletten nehmen musste: Sie ist HIV positiv. Die Pflegeeltern haben ihr als Jugendliche eingeschärft, dieses Geheimnis für sich zu behalten, weil sie fürchteten, dass die Eltern der Mitschüler hysterisch reagieren würden. Trotzdem hat Conway ihren Film nicht unnötig dramatisiert. Sie zeigt Corinnes Leben so, wie es war: indem sie den Alltag filmt. Offenbar hat sich ihr Aufwachsen nur unwesentlich vom Dasein anderer Kinder unterschieden; abgesehen natürlich von ihrem Geheimnis sowie den damit verbundenen Medikamenten und Arztbesuchen. Meist verstehen sich Pflegemutter und -tochter gut, aber es gibt auch Szenen, in denen sie nicht ein Herz und eine Seele sind. Das ist wichtig, weil man auf diese Weise erahnen kann, wie die Auseinandersetzungen abgelaufen sind, wenn es Corinne wieder mal satt hatte, ihren Freundinnen und Freunden eine unbeschwerte Fassade vorzuspielen. Die junge Frau möchte mit Hilfe der Filme eine Botschaft vermitteln: Es ist völlig egal, ob jemand HIV hat; er ist dennoch ein Mensch wie jeder andere.

2.12., ARD, 20.15 Uhr: "Unter der Haut"

Dank eines neuen Medikaments konnte die Lebenserwartung von Menschen, die an der Bluterkrankheit litten, ab den frühen Siebzigern deutlich verlängert werden. Gut zehn Jahre später kam es zu einem der größten Pharmaskandale in der Geschichte der Bundesrepublik: Obwohl Politik, Ärzte und Pharmakonzerne wussten, dass das aus Blutplasma gewonnene Gerinnungsmittel ein potenzieller HIV-Virenträger war, wurden die entsprechenden Medikamente zunächst weiterhin vertrieben; weit über tausend Menschen haben sich auf diese Weise mit Aids infiziert. Eva und Volker A. Zahn erzählen die Geschichte konsequent und ausschließlich aus Sicht eines Betroffenen, können aber gleichzeitig die skrupellose Perspektive der Pharmaindustrie schildern: Martin (Friedrich Mücke) ist Bluter und musste als Kind miterleben, wie sein Bruder nach einem Schwimmunfall an der Krankheit gestorben ist. Aus seiner Dankbarkeit für die Entdeckung des Medikaments hat er einen Beruf gemacht: Er leitet die Presseabteilung eines Unternehmens, dass das Gerinnungsmittel herstellt. Als in Berichten aus Amerika erstmals der Begriff Aids erwähnt wird und der Verdacht auftaucht, das Virus könne auch in dem aus Blutspenden gewonnenen Plasma enthalten sein, auf dem das Gerinnungsmittel basiert, sorgt er mit einem miesen Trick dafür, dass die Wortführerin (Bibiana Beglau) der deutschen Kritiker mundtot gemacht wird. Kurz erkrankt er selbst an Aids.

2.12., ZDF, 0.10 Uhr: "We Steal Secrets"

Zu absurder Zeit zeigt das ZDF die TV-Premiere dieses Dokumentarfilms über die Internet-Enthüllungsplattform WikiLeaks, ihren Gründer Julian Assange und den amerikanischen Soldaten Bradley Manning, der zu ihrem wichtigsten Informanten wurde. Nachdem Bradley Manning 2010 mehr als eine Million Dokumente über die amerikanische Kriegsführung im Irak an WikiLeaks weitergeleitet hatte, wurde er zu einem der berühmtesten Häftlinge der Vereinigten Staaten. Die mit vielen Interviews angereicherte Dokumentation von Alex Gibney behandelt auch die Geschichte der Reaktion auf diese neue Form des Whistleblowing. Zu Wort kommen dabei unter anderem ehemalige Weggefährten wie Daniel Domscheit-Berg, der englische Journalist James Ball, der isländische Internetaktivist Smári McCarthy, der Guardian-Reporter Nick Davies oder der frühere NSA- und CIA-Direktor General Michael Hayden. Assange selbst tritt nur in Archiv-Aufnahmen in Erscheinung, da er sich einem Interview für diesen Film verweigerte. Womöglich ahnte er, dass Gibney ihn kritisch präsentieren würde: Egomanie, eine Neigung, überall Verschwörung zu wittern und der berechnende Umgang mit allen, die ihm nützlich sein können, gehören genauso zu dieser Geschichte wie Mut und der ungebrochene Wille, gegen die Unterminierung des Rechtsstaats durch staatliche Geheimnisträger zu kämpfen; und gegen einen Staat, der immer offensiver um die Kontrolle der öffentlichen Meinung ringt.

3.12., MDR Fernsehen, 22.35 Uhr: "Mein letztes Jahr als Fußgängerin"

Yvonne Weindel (41) ist eine starke Frau. Sie tanzte an der renommierten Palucca-Schule und wurde später Journalistin. Sie arbeitete für Arte im Ausland, schrieb für die "Zeit" und ist jetzt Theater-Pädagogin am Theater der Jungen Welt Leipzig. Ganz nebenbei ist sie glücklich verheiratet und hat drei Kinder. Sie hat sehr viel Glück gehabt in ihrem Leben.
Doch das Glück scheint aufgebraucht: Vor zwei Jahren diagnostizierten die Ärzte Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS. Eine in Deutschland eher noch unbekannte Krankheit. Sie wurde bekannt durch die Videos, in denen sich Menschen Eiswasser über den Kopf kippten. Auch Yvonne Weindel machte mit. Wie viele andere wollte sie Geld sammeln, Geld für die Forschung.
Doch bis heute ist ALS unheilbar. Stück für Stück verliert Yvonne Weindel die Kontrolle über ihren Körper. Nächstes Jahr wird sie im Rollstuhl sitzen. Irgendwann geht gar nichts mehr, dann ist sie gefangen in ihrem Körper. Doch sie lässt sich ihren Lebensmut nicht nehmen, sie setzt sich weiterhin Ziele. Andre Bertholds Film gibt Einblicke in die Gefühlswelt dieser starken Frau und zeigt ungeschminkt, welche Folgen ALS hat.

4.12., ARD, 20.15 Uhr: "Sturköpfe"

Der Film erzählt die Geschichte zweier Widerspenstiger, die sich gegenseitig zähmen. Die personelle Konstellation, aus der Autorin Dominique Lorenz die Funken dieser Konfrontation schlägt, ist zwar nicht neu, funktioniert aber dank der beiden Hauptdarsteller wunderbar: Theo Olsson (Peter Haber) ist kürzlich erblindet und seither verbittert und zynisch, weshalb es in dieser Komödie, die eigentlich ein Drama ist, ziemlich kernig zugeht. Das liegt auch an der Kontrahentin: Blindenbetreuerin Sissi (Alwara Höfels) lässt sich nichts gefallen und revanchiert sich für jede Beleidigung des Alten. Allerdings ist das eine Gratwanderung, denn Olsson ist ihre Bewährungsprobe: Sie muss mit ihm klarkommen, um ihr Diplom zu erhalten, und so entsteht im Lauf der Zeit eine Art Hassliebe, von der beide profitieren. "Sturköpfe" erzählt vom verzögert stattfindenden Erwachsenwerden einer Frau; und natürlich von der Läuterung eines alten Grantlers. Trotz einiger witziger Momente ist der Film daher nicht komisch, denn Sissi muss endlich lernen, sich von ihrer Mutter (Johanna Gastdorf) zu lösen und auf eigenen Beinen zu stehen. Auch für diese Ebene finden Buch und Regie eine glaubwürdige Auflösung, die auf jeden Zuckerguss verzichtet und trotzdem ein gutes Gefühl hinterlässt.

4.12., Arte, 22.40 Uhr: "Der Jungfrauenwahn"

Was bedeutet es, muslimisch zu sein und in einer freien Gesellschaft zu leben? Wie verträgt sich die Herkunftskultur der Eltern mit den eigenen Wünschen? Welchen Stellenwert hat das Gebot der Jungfräulichkeit für junge Menschen aus Einwandererfamilien? In ihrem subjektiv erzählten Film bekommt die Journalistin und Filmemacherin Güner Yasemin Balci sehr persönliche Antworten auf diese Fragen. Balci ist als Tochter türkischer Einwanderer in Berlin-Neukölln aufgewachsen. Schon früh hat sie beschäftigt, warum immer wieder ihre muslimischen Nachbarn ihren Kindern das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verwehren, und welchen Preis die junge Generation zahlen muss, um frei zu sein. Der Psychologe Ahmad Mansour, die Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, die Aktivistin Zana Ramadani und die Studentin Arife Yalniz sind die Protagonisten des Films. Sie alle mussten kämpfen, um selbstbestimmt leben zu können. Sie mussten mit ihren Familien und Freunden brechen, weil sie sich nicht an Moralvorstellungen halten wollten, die Sexualität unter Strafe stellen und die noch heute in vielen Moscheen so gepredigt werden wie vor 900 Jahren, als der muslimische Philosoph Al-Ghazali sein "Buch der Ehe" schrieb. Sie alle arbeiten daran, die Gesellschaft aufzuklären und zu verändern. Ihr Anliegen ist persönlich und politisch zugleich. Vieles von dem, was heute vor allem als Problem muslimischer Migranten verhandelt wird, wie die Unterdrückung von Frauen, überhöhter Machismo und Gewaltbereitschaft bei Männern, Zwangsehen und Gewalt im Namen der Ehre, hat seinen Ursprung beim zentralen Thema der gesamten muslimischen Welt, der Verteufelung der weiblichen Sexualität.

4.12., ARD alpha, 20.15 Uhr: "Inklusion – gemeinsam anders"

Reformen haben den Nachteil, dass sie sich irgendwann in der Praxis bewähren müssen. Lehrer können so manches Lied davon singen, wie wunderbar verschiedene Projekte in der Theorie klangen und wie grandios sie dann in der Realität gescheitert sind. Das Drama "Inklusion" zeigt, wie so was im schulischen Alltag aussieht. Der Titel mag trotz des Zusatzes "Gemeinsam anders" etwas nüchtern ausgefallen sein, aber der Film ist alles andere als das. Nach einem Drehbuch von Christopher Kloeble beschreibt Regisseur Marc-Andreas Bochert einen Modellversuch: Im Rahmen der Inklusion sollen zwei behinderte Jugendliche nicht nur integriert, sondern organischer Bestandteil einer Schulklasse werden. Das ist nicht bloß leichter gesagt als getan, es erfordert zudem von allen Beteiligten ein hohes Maß an gegenseitigem Respekt. Eindringlich beschreibt Koeble, wie schmal der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg ist. Gleiches gilt auch für das filmische Projekt, denn Sender und Produktionsfirma hatten den Mut, die beiden wichtigen Rollen zwei relativ unerfahrenen Schauspielern anzuvertrauen. Sie wurden nicht enttäuscht: Paula Kroh und Max von der Groeben machen ihre Sache fabelhaft. Sie spielt Steffi, ein hochintelligentes, aber verbittertes Mädchen im Rollstuhl, das überhaupt nichts von Inklusion hält, Mitschüler provoziert und unverhohlen den Lehrer anbaggert. Er ist als Paul das genaue Gegenteil, ein sanftes, großes Kind, das sich ohne sein Transformer-Spielzeug schutzlos fühlt. Zentrale Figur der Geschichte und eine großartige Rolle für Florian Stetter ist jedoch der Klassenlehrer: Albert Schwarz gehört zu jenen jungen Lehrern, die ihren Beruf als Berufung verstehen. Trotz der unmissverständlichen Botschaft ist "Inklusion" kein Thesenfilm, zumal Buch und Regie immer wieder für Überraschungen sorgen. Und am Ende kommt ohnehin alles anders als erwartet.