epd-bild / Gustavo Alàbiso
Deutsche Unternehmen wollen Flüchtlinge qualifizieren und ausbilden.
Arbeitgeber wollen Flüchtlinge beschäftigen und setzen auf Unterstützung durch die Politik

Auf dem diesjährigen Arbeitgebertag war die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt eines der großen Themen. Die Arbeitgeber wollen mehr tun und fordern Unterstützung von Politik und Verwaltung.
24.11.2015
epd
Bettina Markmeyer (epd)

Berlin (epd)Wie überall standen auch auf dem diesjährigen Arbeitgebertag in Berlin die Herausforderungen durch die Flüchtlinge im Fokus. Die Unternehmen sendeten die Botschaft an die Politik, dass sie bereit seien, "Flüchtlinge in großer Zahl auszubilden, zu qualifizieren und zu beschäftigen", erklärte der in seinem Amt bestätigte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer am Dienstag zum Auftakt des Treffens, zu dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeladen waren.

Voraussetzung: Sprachkurs

In welcher Zeit können Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen, war eine der Fragen dort - und was ist dafür notwendig? Die Arbeitgeber fordern, dass Politik und Verwaltung die Voraussetzungen schaffen. Kramer nannte an erster Stelle Sprachkurse und den Abbau von Hürden, die die Wartezeiten für Flüchtlinge bei der Arbeitssuche verlängern, wie etwa die Vorrangprüfung.

Die Arbeitgeber halten Ausnahmeregelungen für notwendig, etwa beim Mindestlohn - aber nicht allein für Flüchtlinge. Arbeitgeberpräsident Kramer wandte sich dagegen, Arbeitnehmer mit geringen Chancen auf dem Jobmarkt gegeneinander auszuspielen: "Deshalb lehne ich arbeitsrechtliche Ausnahmen für Flüchtlinge - etwa beim Mindestlohn - ohne Wenn und Aber ab", sagte Kramer. Bei der Bezahlung dürfe die Herkunft eines Menschen keine Rolle spielen.

Stattdessen sollten die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose auf Flüchtlinge angewendet werden, forderte Kramer und machte sich dafür stark, sie auf ein Jahr auszuweiten. Langzeitarbeitslose können bei ihrer Neueinstellung im ersten halben Jahr unterhalb des Mindestlohns von 8,50 Euro beschäftigt werden.

Mindestlohn auch für Flüchtlinge

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann erklärte demgegenüber, der Mindestlohn müsse auch für Flüchtlinge gelten, sonst werde dem Lohndumping Tür und Tor geöffnet. Verunsicherung und Lohnkonkurrenz seien "Gift für die Integration".

Frank-Jürgen Weise in seiner Doppelfunktion als Chef der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bemühte sich, die Unternehmerschaft davon zu überzeugen, dass er nach der Bundesagentur auch das Bundesamt für Migration auf Vordermann bringen wird: "Die Arbeitsabläufe sind gruselig", sagte Weise. Sie führten bei der Bearbeitung von Anträgen immer noch zu durchschnittlichen Wartezeiten von fünf Monaten.

Der oberste Arbeitsvermittler geht gegenwärtig von 350.000 Flüchtlingen mit einer langfristigen Bleibeperspektive aus, von denen 70 Prozent erwerbsfähig sind. Ein geringer Teil von zehn Prozent Hochqualifizierten mit Englischkenntnissen sei schnell zu vermitteln, sagte er. Realistischerweise müsse man aber davon ausgehen, dass 50 Prozent der Flüchtlinge nach fünf Jahren und nach zehn Jahren nicht mehr als 70 Prozent in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten.

Arbeit zentral für Integration

"Wir haben eine schwierige Lage", sagte Weise, "aber wir können anpacken." Arbeiten zu können sei und bleibe zentral für die Integration der Flüchtlinge in Deutschland.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beschwor in Anwesenheit seines französischen Amtskollegen Emmanuel Macron die europäische Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. "Wenn wir die offenen Grenzen erhalten wollen, die auch Voraussetzungen für wirtschaftlichen Wohlstand sind, dann müssen wir die Außengrenzen schützen", sagte er. Dies sei eine gesamteuropäische Aufgabe, bei der Deutschland und Frankreich vorangehen sollten.