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Eine Flüchtlingsfrau aus Syrien mit ihrem Kind in Karlsruhe.
Özoguz: Kontingente ersetzen Asylrecht nicht
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), dämpft die Erwartungen an sogenannte Flüchtlingskontingente.

Frankfurt a.M. (epd)So richtig Kontingente seien, ein "signifikanter Rückgang" der Flüchtlingszahlen werde dadurch wohl nicht erreicht, sagte Özoguz. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und Bundestagsabgeordnete der CDU warben unterdessen für entsprechende Vereinbarungen. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) forderte, Deutschland solle seine EU-Zahlungen reduzieren, wenn sich die anderen Mitgliedsländer der Europäischen Union in der Flüchtlingskrise nicht solidarischer zeigen.

Individuelles Recht garantieren

Özoguz sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe), nach der Genfer Flüchtlingskonvention und den EU-Richtlinien wäre Deutschland auch bei Kontingentvereinbarungen weiterhin verpflichtet, ein individuelles Recht auf ein faires Asylverfahren zu garantieren. Nach Auffassung des CDU-Innenpolitikers Ansgar Heveling indes wird die Union Kontingenten nur dann zustimmen können, wenn gleichzeitig der derzeit ungeordnete Zuzug über den Weg des Asylrechts gestoppt werde. "Kontingente sind eine gute und sinnvolle Möglichkeit, den Flüchtlingszuzug nach Europa zu steuern und zu begrenzen", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Kontingente seien aber nur denkbar statt des jetzigen ungeordneten Zuzugs und natürlich nicht zusätzlich.

Der CDU-Politiker Fuchs sagte der "Rheinischen Post": "Deutschland kann nicht im bisherigen Maß der größte EU-Nettozahler bleiben, wenn die übrigen EU-Staaten nicht bereit sind, einer Kontingentlösung für ganz Europa zuzustimmen und spürbar mehr Flüchtlinge aufzunehmen." Zudem forderte er seine Kollegen in der Unionsfraktion des Bundestages auf, Forderungen nach einer Obergrenze für Flüchtlinge fallenzulassen. "Es ist sinnlos, ständig eine Obergrenze zu fordern, die sich praktisch gar nicht umsetzen lässt, da hat die Kanzlerin Recht", sagte Fuchs.

Özoguz sagte, nur eine gemeinsame europäische Antwort auf die hohen Flüchtlingszahlen werde in Deutschland zu einer merklichen Entlastung führen. Positiv sei, dass durch ein Kontingent vor allem Familien mit minderjährigen Kindern davor bewahrt würden, sich auf eigene Faust auf die gefährliche Flucht zum Beispiel über das Mittelmeer zu machen.

Ähnlich argumentierte Bundeswirtschaftsminister Gabriel. Allein die Tatsache, "dass die Menschen wissen, sie können sicher in einem Kontingent nach Deutschland oder Europa kommen", verändere die Lage. "Eine Familie in der Türkei oder im Libanon überlegt sich dann sehr gut, ob sie sich noch kriminellen Schleusern in die Hände gibt und alles verfügbare Geld dafür bezahlt", sagte der SPD-Chef der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe).

"Wir brauchen Fachkräfte"

Die Spitzen der Koalition hatten Anfang November vereinbart, mit der Türkei über Kontingente für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien zu verhandeln. Gänzlich neu wäre eine solche Lösung nicht. Der Bund hatte in den vergangenen Jahren bereits 20.000 Syrer über Kontingente nach Deutschland geholt. Fast genauso viele kamen zusätzlich über Aufnahmeprogramme der Bundesländer. Parallel kamen syrische Flüchtlinge aber auch weiter die Mittelmeer- oder Balkanroute in die Bundesrepublik.

Unterdessen wandte sich der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, gegen die Erwartung, die Flüchtlinge könnten zur Überwindung des Fachkräftemangels in Deutschland einen erheblichen Beitrag leisten. Das Fachkräftepotenzial werde deutlich überschätzt. "Nicht jeder Syrer ist ein Arzt, daran kommt keiner vorbei. Wir brauchen Fachkräfte, doch es kommen Menschen", sagte Ohoven der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung" (Dienstagsausgabe).

Der Klimaökonom Ottmar Edenhofer plädierte unterdessen für eine CO2-Steuer in Deutschland, um mit den Einnahmen die Ausgaben in der Flüchtlingskrise zu decken. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe) sagte Edenhofer: "Zugleich könnte man ein Signal für den Umbau der Wirtschaft zugunsten CO2-freier Technologien senden."