Kirchentag trauert um Historiker Rudolf von Thadden
Der Historiker starb am Mittwoch in Göttingen im Alter von 83 Jahren. Mit ihm verliere der Deutsche Evangelische Kirchentag einen einzigartigen Menschen, der mit seiner großen geistigen Präsenz die protestantische Laienbewegung geprägt habe, sagte Generalsekretärin Ellen Ueberschär am Freitag in Fulda.

Für dem emeritierten Historiker und Sohn des Kirchentagsgründers Reinold von Thadden-Trieglaff sei der Kirchentag Teil seines Lebens gewesen. "Er verkörperte einen protestantischen Geist der Toleranz, der immer beides zusammenhielt und gelten ließ - die Tradition und die Traditionskritik, den Glauben und den Zweifel, die Aufklärung und das Festhalten an christlichen Überzeugungen", sagte Ueberschär.

Rudolf von Thadden war von 1966 bis 1974 Mitglied und seit 1984 Ehrenmitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Auf Kirchentagen der 60er Jahre war er an großen Foren zur Kirchenreform beteiligt. Später stand für ihn das Thema Europa stärker in Mittelpunkt. Bei seinem Auftritt auf dem Kirchentag 2015 in Stuttgart widmete sich der Historiker dem Wirken seines Vaters.

Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au würdigte den Verstorbenen als großen europäischen Denker, "der mit uns seine Vision geteilt und uns ermutigt hat, über die Grenzen hinaus zu denken". Die Schweizer Theologin ergänzte: "Dass wir uns auf den Weg zu einem Europäischen Kirchentag gemacht haben, ist nicht zuletzt auch sein Verdienst. Er wird uns mit seinem Wissen und seiner Vernetztheit auf diesem Weg sehr fehlen."



Thadden studierte Geschichte, Romanistik und Evangelische Theologie. An der Universität Göttingen war er von 1968 bis zu seiner Emeritierung Professor für Mittlere und Neuere Geschichte.  Neben französischer Geschichte der Neuzeit erforschte Thadden vor allem die preußische Geschichte seit dem 17. Jahrhundert, die vergleichende Kulturgeschichte Europas sowie die Kirchengeschichte. Er verfasste zudem Bücher zur Geschichte der Hugenotten und des Liberalismus.

Von 1985 bis 1994 war von Thadden zudem Präsident des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg. Von 1999 bis 2003 war er Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-französische Zusammenarbeit.