Hamburg (epd)Der Staat dürfe sich nicht einmischen, wenn ein Arzt zur Beihilfe bereit sei, sagte der Juraprofessor und Rechtsphilosoph an der Universität Hamburg dem "Philosophie Magazin" (Heft 1, 2016): "In der gegenwärtigen Diskussion um den Suizid scheinen viele Politiker nicht zu verstehen, wie eng Autonomie in diesem Sinne zur personalen Würde gehört." Der Bundestag hatte Anfang November ein Gesetz beschlossen, das eine auf Wiederholung angelegte Hilfe bei der Selbsttötung unter Strafe stellt. Damit soll Sterbehilfe-Organisationen die Grundlage entzogen werden.
Es sei eine "abstrakte Gefahr" zu glauben, es käme zu einem erheblichen Druck auf Patienten, sich in bestimmten Situationen selbst zu töten, wenn man die Suizidhilfe durch Vereine oder durch Ärzte nicht schleunigst verbiete, fügte Merkel hinzu: "So schürt man irrationale Ängste vor einer Zunahme nicht autonomer Suizide."
Wahl eines kleineren Übels
Eine lange philosophische Tradition verstehe die Freiheit zum Tode als höchste Form der persönlichen Selbstbestimmung, sagte Merkel, der Mitglied im Deutschen Ethikrat ist. Man müsse allerdings auch fragen: "Wann beginnt etwas, das ich definitiv nicht mehr ertragen kann? Was empfinde ich als nicht mehr kompatibel mit meinem Bild von mir selbst, mit der individuellen Maßgabe meiner eigenen personalen Würde?" In diesem Sinne wäre Selbsttötung nicht die Erfüllung einer höchsten Freiheit, sondern die Wahl eines kleineren Übels, räumt Merkel ein: "Aus dieser Einsicht ergibt sich dann die Maxime: Zu entscheiden, ob ein Sterben erträglich oder unerträglich für jemanden ist, möge man bitte ihm selbst überlassen."