München, Frankfurt a.M. (epd)Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, betonte die universale Kraft des Gebets. "Wer in diesen Tagen betet, bringt sein Erschrecken, seine Fassungslosigkeit zum Ausdruck", erklärte der EKD-Chef am Mittwoch im Gottesdienst zum Buß- und Bettag in der Münchner Bischofskirche St. Matthäus.
Menschen aus aller Welt - unter ihnen die US-Politikerin Hillary Clinton, die Sängerin Pink und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) - hätten getwittert, dass sie für die Terror-Opfer beteten, sagte Bedford-Strohm weiter. Der Hashtag #PrayforParis habe innerhalb kürzester Zeit unzählige Menschen auf der ganzen Welt erreicht. "In der Hoffnung, dass der Hass, der uns wieder seine Fratze zeigt, nicht auch von uns selbst Macht ergreift. Dass die Angst uns nicht überschwemmt. Dass wir all dem etwas entgegensetzen können."
Nicht mehr wegschauen
Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, kritisierte, dass das Leid anderer zu schnell vergessen werde - etwa in Paris, München, Erbil oder Damaskus. "Wir haben so lange weggeschaut, als in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens das Geld für die Nahrung ausging." Als Konsequenz seien viele nach Europa und Deutschland geflohen. Nun müsse man den Flüchtlingen beistehen und dürfe nicht mehr wegschauen.
Zu den Attentaten von Paris erklärte Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing: Nun würden Forderungen nach einer gnadenlosen Reaktion gegen die Verantwortlichen laut - als habe man davon allein die Bekämpfung des Bösen zu erwarten. Doch die Bekämpfung des Bösen geschehe nicht durch Gewalt, sondern durch Buße, sagte Rentzing laut Redemanuskript am Mittwoch in der Dresdener Kreuzkirche.
Man könne auch die Frage stellen, wie diese Attentäter "teilweise in unserer Mitte" zu dem wurden, was sie geworden sind. Solche Fragen aufzuwerfen bedeute keine Entschuldigung der Täter, betonte Rentzing. Sie trügen aber dazu bei "zu erkennen, dass das Böse viel abgründiger in dieser Welt tätig ist, als dass man es in ein paar Menschen identifizieren und ausschalten könnte". Der Sinn des Buß- und Bettages sei, "dass wir uns unsere eigenen Schuldverstrickungen bewusstmachen und bei uns mit der Erneuerung des Lebens beginnen".
Röwekamp: IS auch mit Waffen entgegentreten
Der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft, Thomas Röwekamp, unterstützte am Mittwoch in einem ökumenischen Gottesdienst zum Buß- und Bettag den militärischen Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Es sei richtig, in einer internationalen Koalition dem IS auch mit Waffen entgegenzutreten. "Nicht als Form von Vergeltung, sondern um diesen Herd der unfassbaren Gewalt und des Terrors unschädlich zu machen", sagte Röwekamp in einer Kanzelrede in der Bremer Stadtkirche Unser Lieben Frauen.
Wer die Waffe erhebe, mache sich vor dem Hintergrund des biblischen Tötungsverbots schuldig, räumte der CDU-Politiker ein. "Wir haben aber auch eine Verantwortung für andere und werden auch dann schuldig, wenn wir die Opfer alleine lassen." Wegsehen helfe nicht und auch beten alleine werde nicht reichen. "Wir sind aufgefordert, uns aktiv für den Frieden und die Verteidigung unserer demokratisch-freiheitlichen Werte einzusetzen."
Der Buß- und Bettag wurde vor 20 Jahren zum politischen Zankapfel: Der protestantische Gedenktag, erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt, wurde 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Mehrere Initiativen zur Wiedereinführung des arbeitsfreien Feiertages blieben ohne Erfolg.