epd-bild / Werner Krüper
Ein älterer Mann wird zu Hause zur Vorbeugung eingecremt.
Pflegereport: Nur jede zweite Wohnung ist altersgerecht
Zahl der Pflegedürftigen steigt langfristig stärker
Alte Menschen wollen zu Hause bleiben, wenn sie pflegebedürftig werden. Und die Politik will sie dabei unterstützen, weil die ambulante Pflege die günstigste ist. Doch die Beratung über Hilfen und Zuschüsse lässt noch zu wünschen übrig.

Berlin (epd)Viele alte Menschen wissen nicht, dass sie für Umbauten in der Wohnung Hilfe von der Pflegeversicherung bekommen können. Das geht aus dem aktuellen Barmer GEK Pflegereport 2015 hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Jeder Zweite, der beispielsweise das Bad hat umbauen lassen, erfuhr vorher nicht, dass es dafür Geld von der Pflegekasse gibt.

Der aktuelle Pflegereport liefert außerdem neue Berechnungen über die künftige Zahl der Pflegebedürftigen. Sie wird bis 2060 stärker steigen als bisher angenommen. In 45 Jahren werden geschätzt 4,52 Millionen Menschen gepflegt werden und damit 221.000 mehr als nach bisherigen Prognosen.

Nicht genug informiert

Obwohl es der Wunsch der meisten Menschen und das erklärte Ziel der Politik ist, dass Pflegebedürftige so lange wie möglich zu Hause bleiben können, werden sie von Kassen, dem Medizinischen Dienst und den Pflegestützpunkten nicht gut genug informiert. Nur die Hälfte derer, die umbauen, erfahren von diesen Stellen, dass sie dafür Geld beantragen können.

Dabei ist dem Report zufolge nicht einmal jede zweite Wohnung, in der ein Mensch gepflegt wird, barrierefrei und altengerecht - der Bedarf also hoch. Von denen, die im vorigen Jahr Anspruch auf Umbauhilfe gehabt hätten, hat jeder Dritte keinen Antrag gestellt, weil er nichts davon wusste.

Mit der Pflegereform soll sich das verbessern: Vom kommenden Jahr an haben Pflegebedürftige und pflegende Angehörige einen Rechtsanspruch auf eine Beratung bei der Kasse. Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Christoph Straub, räumte ein, dass die Beratung bisher nicht ausgereicht habe und kündigte Verbesserungen an.

Deutlich mehr hochbetagte Pflegebedürftige

Einer der Autoren des diesjährigen Pflegereports, der Bremer Pflegewissenschaftler Heinz Rothgang, hat zudem den Zuwachs an Pflegebedürftigen erstmals auf der Basis der jüngsten Volkszählung von 2011 berechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass er stärker ausfällt als bisher angenommen. Den größten Anteil (176.000) werden seinen Angaben zufolge pflegebedürftige Männer stellen.

Seine Studie zeigt auch, dass der Anteil hochbetagter Pflegebedürftiger stark wachsen wird. 60 Prozent der pflegebedürftigen Männer und 70 Prozent der pflegebedürftigen Frauen werden im Jahr 2060 85 Jahre oder älter sein. Heute liegen die entsprechenden Werte bei 30 beziehungsweise 50 Prozent.

Für den Pflegereport hatte Rothgang erstmals die Effekte des jüngsten Zensus von 2011 in der Pflegeversicherung mit früheren Modellrechnungen verglichen. Danach lebten in Deutschland im Mai 2011 80,2 Millionen Menschen, 1,5 Millionen weniger als bis dahin angenommen. Der höhere Anteil der Älteren und die Einbeziehung der inzwischen vorliegenden Vorausberechnung der Bevölkerung bis 2060 führt zu den neuen Ergebnissen. Rothgangs Berechnungen erfolgten allerdings deutlich vor dem gegenwärtigen Flüchtlingszuzug, der die Prognosen schon bald wieder verändern dürfte.