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Durch die Pflegereform werden Demenzkranke und ihre Angehörigen finanziell besser gestellt.
Bundestag beschließt lange erwartete Pflegereform
Demenzkranke
können auf mehr Hilfe hoffen
Zehn Jahre hat es gedauert, bis die Politik unter wechselnden Regierungen eine Pflegereform zustande gebracht hat, die endlich die Versorgung der wachsenden Zahl von Demenzkranken verbessert. Von 2017 an muss sie sich in der Praxis bewähren.

Berlin (epd)Demenzkranke Menschen und ihre Familien können auf mehr Unterstützung bei der Pflege hoffen. Der Bundestag hat am Freitag in Berlin mit den Stimmen der Koalition den größten Umbau der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung beschlossen. Von 2017 an setzt die Hilfe früher ein und erreicht voraussichtlich 500.000 Demenzkranke zusätzlich. Die Leistungen werden bei zunehmender Pflegebedürftigkeit höher ausfallen, insbesondere, so lange die Menschen zu Hause von Angehörigen und Pflegediensten versorgt werden.

Von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade

Im kommenden Jahr laufen die Vorbereitungen für den Kern der Reform: die Umstellung von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade. 2,7 Millionen pflegebedürftige Menschen, die bereits Leistungen beziehen, werden automatisch neu eingestuft. Von 2017 an müssen die Begutachter der Pflegekassen dann auch die kognitiven und psychischen Einschränkungen eines Pflegebedürftigen berücksichtigen. Das ist der Schlüssel für eine bessere Versorgung der Demenzkranken, um die seit zehn Jahren unter wechselnden Regierungen gerungen worden ist.

Die Opposition ist indes nicht zufrieden. Die Grünen enthielten sich der Stimme, während die Linksfraktion gegen den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) stimmte. Beide Fraktionen sehen die Gefahr, dass der Personalmangel in der Pflege alle Reformanstrengungen zunichtemacht und werfen der Regierung vor, dagegen zu wenig zu tun.

Gesundheitsminister Gröhe sagte in der abschließenden Debatte im Parlament, ein Jahrzehnt lang sei um einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff gerungen worden. "Heute bringen wir eine große Reform auf den Weg." Endlich erhielten auch die 1,6 Millionen Demenzkranken gleichberechtigt Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung.

Viele der 2,7 Millionen Pflegebedürftigen bekämen mehr Leistungen, niemand von ihnen werde schlechtergestellt, betonte Gröhe. Die meisten Menschen wünschten sich, so lange wie möglich zu Hause bleiben zu können. Deshalb erhielten auch die pflegenden Angehörigen mehr Unterstützung. Gröhe versicherte zugleich, es werde sich auch die Situation in den Heimen verbessern. Betreiber und Pflegekassen seien verpflichtet, bis September 2016 die Pflegesätze und Personalschlüssel neu zu verhandeln. Vor wenigen Tagen war bekanntgeworden, dass in Altenheimen nachts eine Pflegekraft im Durchschnitt 52 Patienten versorgen muss.

Abschaffung der Pflegenoten

Für die Linke erklärte die pflegepolitische Sprecherin, Pia Zimmermann, ihre Fraktion habe sich die Ablehnung des lange geforderten Gesetzes nicht leichtgemacht. Doch gehe die Reform auf Kosten der Menschen in den unteren Pflegestufen. Die Grünen kritisierten, es gebe zu viele "Schwachstellen". Die pflegepolitische Sprecherin Elisabeth Scharfenberg sagte, die Koalition habe hohe Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden könnten.

Der Gesundheits-Experte der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, hielt der Opposition entgegen, man dürfe "das Erreichte nicht kleinreden". Die Pflegereform füge sich ein in die Verabschiedung des Palliativgesetzes und der Krankenhausreform. Auch wenn "diese Gesetze allesamt nicht perfekt sind", so Lauterbach, sei doch in den vergangenen beiden Wochen für Millionen von pflegebedürftigen und kranken Menschen außergewöhnlich viel getan worden.

Mit dem Gesetz werden auch die irreführenden Pflegenoten für Heime und Pflegedienste abgeschafft - allerdings erst in drei Jahren. Zur Finanzierung der Reform werden Anfang 2017 die Beiträge um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens erhöht. Insgesamt steigt das Budget der Pflegeversicherung um ein Fünftel oder gut sechs Milliarden Euro, von denen fünf Milliarden in die Pflege fließen. Zu Beginn dieses Jahres waren die Beiträge mit dem ersten Reformschritt schon einmal erhöht worden.