Bremen (epd)Mit der Wiederwahl von Heinrich Bedford-Strohm zum Ratsvorsitzenden endet eine Phase des Übergangs in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Doch steht für die nächsten sechs Jahre kein Unbekannter an der Spitze der rund 22,5 Millionen Protestanten in Deutschland. In die Führungsriege der EKD stieg der bayerische Landesbischof 2013 über eine Nachwahl auf. Vor einem Jahr sprang er ein, als Nikolaus Schneider den Ratsvorsitz vorzeitig abgab und ein neuer Vorsitzender gefragt war. In die Wahl am Mittwoch in Bremen ging er als Favorit - und erhielt viel Rückenwind. Es gab nur eine Gegenstimme.
"Ressource Empathie"
Denn in den vergangenen zwölf Monaten gelang es Bedford-Strohm, deutliche Akzente zu setzen. Zum 70. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki war er mit dem Weltkirchenrat in Japan, um auf die Bedrohung durch Nuklearwaffen aufmerksam zu machen. Als der Exodus der Flüchtlinge aus Nahost anschwoll, verschaffte er sich an der ungarisch-serbischen Grenze einen Eindruck von den Flüchtlingstrecks. Ende Oktober kamen in München Bischöfe aus Europa und Nahost mit dem Ratsvorsitzenden zusammen, um über eine bessere Koordinierung der kirchlichen Hilfe für Flüchtlinge zu beraten. In Westfalen wanderte der lutherische Theologe eine Etappe auf dem ökumenischen Pilgerweg zur Klimakonferenz.
Die öffentliche Rede, Zugewandtheit zum Menschen und Bereitschaft zum Zuhören, das sind Stärken des EKD-Ratvorsitzenden, der mit einer US-Amerikanerin verheiratet ist und drei Söhne hat. Seine vornehmliche Aufgabe sieht er darin, etwas von der Kraft des christlichen Glaubens auszustrahlen. Gerade im Umgang mit Flüchtlingen werde die Verbindung von Glauben an Gott und Weltverantwortung durch die "Ressource Empathie" ganz konkret.
Wer fromm ist, muss auch politisch sein, ist Bedford-Strohm überzeugt. Kirche ist nach seinem Verständnis keine Moralapostel und keine Werteagentur, sondern soll ethische Grundorientierungen aufzeigen. Was ihn bewegt, hat er gerade auf 192 Seiten aufgeschrieben: Das Buch "Funkenflug - Glaube neu entfachen" kann auch als Programmschrift gelesen werden.
Reformationsjubiläum als "Christusfest"
Bedford-Strohm kann auf eine steile Karriere zurückblicken. Der Pfarrersohn aus Memmingen studierte Theologie in Erlangen, Heidelberg und Berkeley. Er war Assistent am Lehrstuhl für Systematische Theologie und Sozialethik der Universität Heidelberg bei Wolfgang Huber, wie sein Lehrer ist er geprägt von der Bekennenden Kirche und der ökumenischen Bewegung. Von 1997 bis 2004 war er Pfarrer an der Coburger Moritzkirche und anschließend Professor für Systematische Theologie und Gegenwartsfragen an der Universität Bamberg, wo er ab 2008 auch die Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie leitete. Seit 2011 ist er bayerischer Landesbischof.
Chefsache ist für Bedford-Strohm das näher rückende 500. Reformationsjubiläum. Aus diesem Jahrhundertereignis wolle die evangelische Kirche weder ein "Fest der protestantischen Selbstbeweihräucherung" noch ein "Heldengedenken von Martin Luther" machen, sondern ein "Christusfest" in ökumenischem Horizont, versichert er. Die Ökumene der kurzen Wege, die Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx in München pflegen, führte zu einem Briefwechsel, mit dem gemeinsame Planungen für 2017 verabredet wurden. Was das Gespräch leichter macht - der Bischof und der Kardinal kommen aus der Wissenschaft, beide sind Kenner der Sozialethik und politische Köpfe. Sie wissen, dass die Kirchen umso mehr öffentlich wahrgenommen werden, wenn sie mit einer Stimme sprechen.