Im Grunde ist der Mensch, den Probst zeigt, durch und durch unsympathisch: ein Opportunist, der sein Fähnchen nach dem Wind dreht. Angeblich geht es ihm nur um die Kunst; in Wirklichkeit jedoch interessiert sich dieser Trenker für nichts und niemanden außer sich selbst. Dass man ihn trotzdem irgendwie mag, ist ein schauspielerisches Kunststück, das Tobias Moretti famos gelingt. Sein Trenker ist ein Hallodri und Charmeur, dessen tollkühne Taten mit jeder Erzählung ein bisschen aberwitziger werden, aber man verzeiht ihm sogar die politischen Eskapaden; auch wenn es einigermaßen erniedrigend ist, wie er um Joseph Goebbels (auf interessante Weise verkörpert von Arndt Schwering-Sohnrey) herumscharwenzelt, damit er seine Filmprojekte unterstützt. Der Propagandaminister wiederum erwartet von dem Südtiroler, dass er sich zu Deutschland bekennt und auch seine Landsleute entsprechend beeinflusst.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Mitunter etwas verwirrend ist allerdings die dramaturgische Konstruktion des Drehbuchs, zumal sich Morettis älterer Trenker kaum vom jüngeren unterscheidet; deshalb wird nicht immer auf Anhieb deutlich, zu welcher Zeitebene sich die Ereignisse gerade zutragen. Die Rahmenhandlung spielt wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Trenker hat ein eigenhändig getipptes Tagebuch der Hitler-Geliebten Eva Brauns unter die Leute gebracht und will während der Filmfestspiele von Venedig seinen früheren Produzenten Paul Kohner (Anatole Laubman) dazu überreden, Kontakte nach Hollywood zu knüpfen. Zur gleichen Zeit versucht in München die Regisseurin Leni Riefenstahl (Brigitte Hobmeier), die Veröffentlichung des Tagebuchs verbieten zu lassen; allerdings nicht, weil sie es für eine Fälschung hält, sondern weil sie darin als Hitlers Geliebte auftaucht.
Der Zweikampf zwischen diesen künstlerischen Größen des "Dritten Reichs", die beide versicherten, sie hätten stets nur für die Kunst gelebt und Politik sei ihnen gleichgültig gewesen, macht den großen Reiz des Films aus. Das eitle Kräftemessen beginnt schon bei der ersten gemeinsam verbrachten Nacht und setzt sich selbstredend vor der Kamera fort; ein erster gemeinsamer Film allein entpuppt sich prompt als viel zu klein für diese beiden gewaltigen Egos, deren Hassliebe sich wie ein roter Faden durch Probsts Drehbuch zieht. Das gilt auch "Luis Trenker".
Hobmeier und Moretti spielen vorzüglich
Selbst wenn sich der Film im Wesentlichen auf die Ära des Nationalsozialismus beschränkt: Die knapp neunzig Minuten können diesen beiden überlebensgroßen Persönlichkeiten kaum gerecht werden. An Brigitte Hobmeier und Tobias Moretti liegt das allerdings nicht, im Gegenteil. Sie spielen ihre Rollen bis hin zu Riefenstahls aus heutiger Sicht albern wirkendem, damals aber ganz sicher ungeheuer verruchtem erotischem "Ausdruckstanz" vorzüglich und jederzeit glaubwürdig (Regie: Wolfgang Murnberger), auch wenn man sich unwillkürlich fragt, ob Frau Riefenstahl tatsächlich rasierte Achseln hatte. Etwas anstrengend sind allerdings Morettis Dialoge: Der Österreicher ist dank des schweren Dialekts mitunter kaum zu verstehen; erst recht, wenn er eine Pfeife im Mund hat.
Zwangsläufig spielt auch das deutsche Filmwesen eine nicht unerhebliche Rolle. Aus Zeitgründen kann vieles nur angedeutet werden, weshalb beispielsweise Arnold Fanck (André Jung), gewissermaßen der Erfinder des Bergfilms, als Figur viel zu kurz kommt. Gleiches gilt für Trenkers filmisches Frühwerk ("Der verlorene Sohn", 1933/34), das auf gewisse Weise den italienischen Nachkriegs-Neorealismus vorweggenommen hat. Wie sehr der Mann nicht nur filmisch seiner Zeit voraus war, verdeutlicht Probst mit einer kleinen Nebenszene, in der Trenker die Überraschungsfeier seines Geburtstag kurzerhand selbst inszeniert: Die Presse ist auch da.