Köln (epd)Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, warnt davor, die Möglichkeiten ärztlicher Sterbebegleitung um den assistierten Suizid zu erweitern. Der assistierte Suizid dürfe keine normale Behandlungsmöglichkeit werden, sagte Schneider am Montagabend in der ARD-Sendung "hart aber fair". "Ich möchte in einem Staat leben, der Leben schützt", betonte der Theologe.
Schneider wandte sich damit gegen ein Gesetzesvorhaben, das eine Regelung zum ärztlich assistierten Suizid vorsieht. Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Karl Lauterbach (SPD) und Peter Hintze (CDU) will Ärzten ausdrücklich eine Suizidbeihilfe erlauben, wenn ein volljähriger und einwilligungsfähiger Patient eine organische Krankheit hat, die "unumkehrbar" zum Tod führt. Es gehe nicht darum, die Sterbehilfe als medizinische Regelleistung einzuführen, sagte Lauterbach, selbst Mediziner, in der Talkshow. Der Arzt solle als Mensch helfen, der für diese Hilfe seine medizinische Kompetenz einsetzt.
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten
Der Bundestag beschäftigt sich in dieser Woche gleich zweimal mit Fragen am Lebensende. Am Donnerstag berät das Parlament abschließend über ein Gesetz, das die Versorgung in Hospizen und auf Palliativstationen verbessern soll. Am Freitag ist die Abstimmung über eine mögliche Neuregelung der Hilfe zum Suizid geplant. Die fraktionsübergreifenden Initiativen aus dem Parlament reichen von einem Verbot der Hilfe bei der Selbsttötung bis zu einer ausdrücklichen Erlaubnis dieser Form der Sterbehilfe für Vereine und Ärzte. Dazwischen liegt der Vorschlag von Kerstin Griese (SPD) und Michael Brand (CDU), die nur die organisierte, sogenannte geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellen wollen. Gewissensentscheidungen im Einzelfall sollen davon nicht erfasst werden.
Griese warnte bei "hart aber fair" davor, dass ein ärztlich assistierter Suizid zum Normalfall wird. "Ich möchte nicht, dass Menschen sich dafür rechtfertigen müssen, dass sie weiterleben wollen", sagte die SPD-Politikerin. Der ehemalige EKD-Ratschef Schneider argumentierte ähnlich und stellte das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten heraus, in dem über Unterstützung am Lebensende entschieden werden solle.
Ende des Lebens selbst festlegen
Der Fernsehmoderator Domian warf Griese vor, die Mehrheitsmeinung der Deutschen zu missachten, derzufolge die Möglichkeiten der Sterbehilfe erweitert werden sollten. "Ich möchte für mich das Recht haben, verbindlich das Ende meines Lebens festzulegen, wenn ich es denn will", sagte Domian, der sich hinter das Gesetzesvorhaben von Hintze und Lauterbach stellte.
Roger Kusch, Vorsitzender des Vereins Sterbehilfe Deutschland, verteidigte in der Sendung die Arbeit des Vereins, der organisierte Sterbehilfe anbietet. "Wir zwingen niemandem zum Weiterleben", sagte Kusch. Den Vorwurf kommerzieller Interessen wies der ehemalige Hamburger Justizsenator zurück. "Ich habe in meinem Leben noch nie einen einzigen Euro mit Sterbehilfe verdient", sagte er.