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Der Streit in der Koalition über Transitzonen für Flüchtlinge geht weiter.
Transitzone versus Einreisezentrum
In der Flüchtlingspolitik geht der Streit in der großen Koalition weiter. Die Union dringt nun noch deutlicher auf Transitzonen. Die SPD will Einreisezentren. Dabei liegen beide Ideen nicht so weit auseinander, räumt selbst SPD-Chef Gabriel ein.

Frankfurt a.M. (epd)Nach dem ergebnislosen Treffen von CDU, CSU und SPD am Wochenende zur Flüchtlingspolitik geht der offene Streit in der Koalition nun weiter. Die Einigung der Unionsparteien auf ein gemeinsames Papier, das als dringlichste Maßnahme die Errichtung von Transitzonen für schnelle Asylverfahren vorsieht, stieß in der SPD auf Widerstand. Transitzonen seien rechtlich fragwürdig und wenig hilfreich bei der Bewältigung der Probleme, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel am Montag in Berlin. Er warb erneut für seinen Vorschlag für Einreisezentren.

SPD: Union plant Hafteinrichtungen

Die Union forderte die Sozialdemokraten am Montag zum Einlenken auf. "Die SPD muss sich jetzt mal bewegen", sagte die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt am Montag im Deutschlandfunk.

Das in den Transitzonen vorgesehene Verfahren sei gedeckt durch eine EU-Richtlinie, ergänzte Hasselfeldt. Entgegen der Darstellung der SPD würden keine Haftanstalten errichtet. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer betonte in München, von allen wichtigen Maßnahmen seien die Transitzonen die "vordringlichste".

Die SPD hielt indes an ihrem Vorwurf fest, die Union plane Hafteinrichtungen. "Transitzonen wie sie im Papier der Unionsparteien vorgeschlagen werden, können nur funktionieren, wenn man Tausende Menschen dort festhält, also inhaftiert", sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) am Montag in Berlin. Praktisch sei das gar nicht anders denkbar als "riesige Lager, in denen ganze Familien, Männer, Frauen und Kinder eingesperrt werden", sagte die Staatsministerin.

Als Gegen-Entwurf zu den Transitzonen hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Wochenende die Einrichtung von Einreisezentren in jedem Bundesland vorgeschlagen. Die Registrierung von Asylsuchenden solle künftig ausschließlich dort erfolgen. Anschließend müssten die Flüchtlinge in den Zentren auf ihre Weiterverteilung warten. Über offenbar aussichtslose Anträge könne direkt in den Einreisezentren entschieden werden. Damit verfolgten sie die gleiche Idee wie die Transitzonen in den Vorschlägen der Union, sagte Gabriel am Montag.

Schnelle Einigung gefordert

Was aber nicht gehe, betonte der Vize-Kanzler, seien exterritoriale Zonen, die dazu dienen sollen, die Dublin-Regelung wieder inkraft zu setzen. Nach dieser Regelung müssen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen, über das sie eingereist sind. Praktisch jeder Flüchtling, der an der deutschen Landgrenze ankommt, wäre davon betroffen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund appellierte an die Koalitionspartner, sich schnell zu einigen. Ob sich die Regierung am Ende auf Transitzonen oder auf Einreisezentren verständigt, sei unwichtig, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Montag dem Radiosender SWR info: "Ich sehe da, ehrlich gesagt, gar nicht so einen Riesenunterschied." Für Donnerstag ist ein weiteres Treffen der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) geplant.

Für Besorgnis in der Bundesregierung sorgte unterdessen die Zunahme von Angriffen auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte. In diesem Jahr seien bislang rund 600 Straftaten gegen Asylunterkünfte gezählt worden, davon seien 543 rechtsextremistisch motiviert gewesen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Dies sei ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

Am vergangenen Wochenende hatte es gleich mehrere gewalttätige Angriffe auf Flüchtlinge und Unterkünfte gegeben. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die Taten scharf: Keinen der "feigen Übergriffe" dürfe man schweigend hinnehmen, erklärte er. In Magdeburg war eine Gruppe mit bis zu 30, teilweise mit Baseballschlägern bewaffnete Gruppe auf fünf bis sechs Flüchtlinge losgegangen.