TV-Tipp des Tages: "Zorn: Wo kein Licht" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Zorn: Wo kein Licht", 5. November, 20.15 Uhr im Ersten
Ein Staatsanwalt wird in den Tod getrieben und erschießt sich; ein Anwalt fährt Amok, tötet dabei beinahe Zorns Kollegen Schröder und sitzt später tot an Zorns Schreibtisch. Als auch noch ein Richter spurlos verschwindet, ist klar, dass ein Prozess das fehlende Glied in der Kette sein muss. Tatsächlich waren die Juristen an der Verhandlung gegen einen Geschäftsmann beteiligt, der wegen Steuerhinterziehung vor Gericht stand, aber freigesprochen worden ist und keine Erklärung für die Verbrechen hat; bis schließlich auch er entführt wird.

Die nach der Hauptfigur benannte düstere ARD-Krimireihe mit dem arbeitscheuen Kommissar Claudius Zorn aus Halle an der Saale hat die Auswechslung des Hauptdarstellers ebenso gut überstanden wie die Umbesetzung auf dem Regiestuhl: Mišel Mati?evi? hatte den Ermittler im ersten "Zorn"-Film ("Tod und Regen") als völlig verkrachte Existenz verkörpert. Der Übergang zu Stephan Luca ab Fall Nummer zwei ("Vom Lieben und Sterben") verlief nicht ganz reibungslos, dafür sind die beiden Schauspieler einfach zu unterschiedlich. Außerdem setzte Luca etwas andere Akzente: Die Titelfigur ist nicht mehr ganz so runtergekommen und düster. Das gilt auch für die Umsetzung: Der Auftakt "Tod und Regen" hatte seinem Titel alle Ehre gemacht; im dritten Film, "Wo kein Licht", scheint wider Erwarten sogar die Sonne (Regie führt nach Mark Schlichter diesmal Christoph Schnee). Davon abgesehen ist die Geschichte jedoch noch grausamer, was Reihenautor Stephan Ludwig, der seinen Roman erneut selbst adaptiert hat, jedoch perfiderweise lange verbirgt.

Zunächst wirkt die Handlung wie eine Ansammlung von Ereignissen, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben: Ein Staatsanwalt wird in den Tod getrieben und erschießt sich; ein Anwalt fährt Amok, tötet dabei beinahe Zorns Kollegen Schröder (Axel Ranisch) und sitzt später tot an Zorns Schreibtisch. Als auch noch ein Richter spurlos verschwindet, ist klar, dass ein Prozess das fehlende Glied in der Kette sein muss. Tatsächlich waren die Juristen an der Verhandlung gegen einen Geschäftsmann (Tonio Arango) beteiligt, der wegen Steuerhinterziehung vor Gericht stand, aber freigesprochen worden ist und keine Erklärung für die Verbrechen hat; bis schließlich auch er entführt wird.

Während sich der durch eine Gehirnerschütterung beeinträchtigte Schröder durch die Prozessakten arbeitet, hat sein Chef diverse zwischenmenschliche Probleme: Er ist überzeugt, dass Staatsanwältin Borck (Alicy Dwyer) ihn nicht ausstehen kann und daher einen Beamten aus der internen Ermittlung auf ihn angesetzt hat. Barnaby Metschurat ist ein würdiger Gegenspieler für Luca, zumal der wortkarge Czernyk der denkbar größte Kontrast zu Zorn ist: Der Mann hat als verdeckter Ermittler große Meriten gesammelt, ist ehrgeizig, kontrolliert und sehr cool. Aber er hütet ein Geheimnis, das nicht mal seine Geliebte, die Staatsanwältin, kennt. Doch im Grunde ist das Zorn, der bloß seine Ruhe haben und um fünf Uhr Feierabend machen will, alles egal. Viel mehr macht ihm zu schaffen, dass die schöne Nachbarin Malina (Katharina Nesytowa) seine Forderung, die gemeinsame Beziehung nicht allzu eng zu sehen, allzu wörtlich nimmt.

Auch wenn die Handlung zu Beginn längst nicht so spektakulär ist wie die beiden anderen Geschichten: Spannend ist "Wo kein Licht" dennoch, wenn auch zunächst nicht vordergründig. Das ändert sich jedoch zum spannenden Finale, das buchstäblich mit dem Hauch des Todes endet. Nun kommt auch eine furchtbare Mordserie ans Licht, die das eigentliche Motiv der ganzen Geschichte ist. Bis dahin lebt der Film nicht zuletzt vom Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren: Zorn ist nach wie vor einer der ungewöhnlichsten Kommissare im deutschen Fernsehen, und der im ersten Film als lustiger Dicker vom Dienst eingeführte Schröder hat als Figur deutlich mehr Umfang bekommen; und damit ist nicht nur der Umstand gemeint, dass er fünfzig Kilo früher offenbar ein heißer Feger war.

Auf reizvolle Weise rätselhaft ist auch eine Rolle für Paul Fassnacht als obdachloser "Lampenmann", der durch die Stadt und den Film streicht und beim Finale in einem heruntergekommene Schwimmbad seinen großen Auftritt hat. Dieses stillgelegte Salzbad ist nicht nur ein würdiger Schauplatz für das Aufeinandertreffen aller Beteiligten, bei dem die grausamen Karten auf den Tisch kommen, er sorgt auch für ein ästhetisches Erlebnis: weil Kameramann Diethard Prengel die Räumlichkeiten in ein faszinierendes, fast jenseitiges Licht getaucht hat.