Berlin (epd)Trotz der zunehmenden Radikalisierung von "Pegida" herrscht Uneinigkeit über die Einordnung der fremdenfeindlichen Bewegung. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirft den asylfeindlichen Demonstranten vor, für ausländerfeindliche Straftaten mitverantwortlich zu sein und mahnt eine sorgfältige Beobachtung an. Der stellvertretende CDU-Vorsitzenden Armin Laschet fordert eine Kontrolle durch den Verfassungsschutz. Ostdeutsche Wissenschaftler zeigen dagegen teilweise Verständnis für die Bewegung.
Hassredner ausschließen
"Wer da mitmacht, trägt auch moralische Verantwortung für die Taten, die auf diese radikale Hetze folgen", sagte Maas der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). Er kündigte an, dass Polizei und Justiz "sehr sorgfältig" beobachten werden, "ob bei 'Pegida' Straftaten begangen werden." Sollte es zu volksverhetzenden Äußerungen kommen, könnten die Hassredner von der Kundgebung ausgeschlossen werden.
Ein Verbot der Protestzüge lehnte Maas ab, auch wenn er verstehen könne, dass sich das momentan viele Menschen wünschten. Rechtlich seien die Hürden dafür allerdings sehr hoch. "Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützt auch hässliche Meinungen", erklärte der Minister. Zudem wäre es mit einem Verbot nicht getan, der Hass der Menschen wäre immer noch da.
"Hartgesottene Rechtsextreme"
Für Laschet ist die islamfeindliche Bewegung indes ein Fall für den Verfassungsschutz. "Unter den Organisatoren von 'Pegida' gibt es hartgesottene Rechtsextreme, die wie die NPD denken", sagte der CDU-Politiker der "Berliner Morgenpost". Wenn jemand zu Mord und Totschlag aufrufe, müsse unverzüglich der Staatsanwalt tätig werden. 'Pegida' und ihre Hintermänner müssten sorgsam vom Verfassungsschutz beobachtet werden, forderte Laschet.
Der Autor und Psychiater Hans-Joachim Maaz aus Halle warb dagegen um Verständnis für die Anhänger der Bewegung. "Wir dürfen es uns in unserer Ablehnung gegenüber 'Pegida' nicht zu leicht machen. Vorwürfe verhärten die Fronten, die Dämonisierung muss enden", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Der ehemalige Chefarzt im Evangelischen Diakoniewerk Halle betonte, er sehe in "Pegida" keine rechtsextreme Bewegung. "Es ist eine außerparlamentarische Protestbewegung, nur diesmal nicht links, sondern konservativ; getragen von Motiven, die mit DDR-Vergangenheit, Wiedervereinigung, Asylpolitik und Kapitalismuskritik zu tun haben", sagte Maaz.
Nur wenige Rechtsextreme
Es sei ein komplexes Gemisch, das die Menschen auf die Straße treibe, ergänzte Maaz. Dazu gehörten persönliche Probleme ebenso wie Unbehagen über ungelöste politische Probleme. Nur wenige der "Pegida"-Mitläufer seien Rechtsextreme, unterstrich der Psychotherapeut. "Wer hier von 'Pack' spricht, verletzt und kränkt die Menschen und bestätigt sie in ihrer Enttäuschung und in ihrem Eindruck, dass sie nicht verstanden werden."
Auch der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt ist der Ansicht, dass die meisten "Pegida"-Teilnehmer nicht extremistisch sind. "Mordaufrufe, Nazivergleiche - ja, das ist leider Gottes auch da", sagte der Politologe dem Radiosender MDR Info. Extremisten seien aber jene, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland bekämpften. Und das sei "von der Masse der 'Pegida'-Demonstranten bestimmt nicht tatbeständlich erfüllt", sagte Patzelt.