verhaken sich in den Verhandlungen über das Pflegeberufegesetz
Berlin (epd)Zankapfel ist das angestrebte Pflegeberufegesetz. Darin soll eine einheitliche Pflegeausbildung, die sogenannte Generalisierung, festgeschrieben werden. Die drei bisher unabhängigen Ausbildungen der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege fänden ihr Ende. Angestrebt ist ein einheitliches neues Curriculum, das innerhalb von drei Jahren eine Basisausbildung vorsieht. Darauf aufbauend sind Spezialisierungen vorgesehen. Das lehnen viele Altenhilfeexperten ab: Sie fürchten, dass ihnen künftig der Nachwuchs ausgeht, weil es die Pflegekräfte in die Kliniken zieht.
Reset-Knopf drücken
Erwin Rüddel ist seit 1993 Geschäftsführer und Mitgesellschafter der hessischen Senioren-Residenz Bad Arolsen GmbH. Er sprach sich angesichts festgefahrener Verhandlungen dafür aus, "das gesamte Vorhaben noch einmal grundsätzlich neu zu überdenken. Wir sollten den Reset-Knopf drücken." Die Verantwortung für die Probleme sieht er vorwiegend bei den SPD-Familienpolitikern und den beteiligten Ministerien der Länder.
Rüddel schlägt vor, zunächst die 16 unterschiedlichen Altenpflegeausbildungen in Deutschland zu harmonisieren. Auch müssten einheitliche Ausbildungsvergütungen gelten: "Mit einer solchen Reform würden wir die Altenpflege stärken, statt uns in Streitereien über Details der Generalistik zu verlieren."
In einem zweiten Schritt könne über eine Aktualisierung der Lehrinhalte nachgedacht werden. Denn in einer älter werdenden Gesellschaft benötigten auch Fachkräfte in der Altenpflege immer weitergehende krankenpflegerische Kompetenzen. Er regte an, "zunächst nur die Altenpflege zu reformieren und hier ein einheitliches Berufsbild mit klarer Qualifikation zu schaffen".
Keinen Neustart, sondern Abschluss
Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will jedoch Kurs halten und kündigte an, der Referentenentwurf des Pflegeberufegesetzes solle in Kürze vorliegen. "Wir müssen die Pflege aufwerten und attraktiver machen. Das geht nur mit einer gemeinsamen Ausbildung für alle Pflegeberufe und durch Schulgeldfreiheit."
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, betonte, ihre Partei wolle an der Zusammenführung der bislang getrennten Berufsausbildungen festhalten. Das sei "unabdingbar, um die Pflege auf die sich weiter vermischenden Versorgungsbedarfe einer älter werdenden Gesellschaft auszurichten". Ein generalistischer Pflegeberuf erweitere zudem die beruflichen Perspektiven der Fachkräfte, sagte Mattheis. Man brauche keinen Neustart, sondern einen zügigen Abschluss im nächsten Jahr.
Die neu aufkeimende Debatte hat auch die kirchlichen Altenhilfeverbände alarmiert, die seit langem eine einheitliche Ausbildung fordern. "Das Totreden der Generalistik ist kontraproduktiv für das Hauptziel der Reform: die bestmögliche Ausbildung für die Begleitung und Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu entwickeln", teilten der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege und der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland mit. Ähnlich äußerten sich die christlichen Krankenhäuser: "Auch angesichts der Gegeninitiativen bleiben die kirchlichen Verbände bei ihrer Position."
Spezialisierung weiterentwickeln
Dagegen wittert man beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste Morgenluft. Der Altenpflegeberuf müsse erhalten bleiben, sagte Präsident Bernd Meurer. Es gelte, die Spezialisierung weiterzuentwickeln "und nicht einen hoch qualifizierten Beruf abzuschaffen". Ebenso denkt die Arbeiterwohlfahrt. Thomas Beyer, Vorsitzender der AWO in Bayern: "Wir begrüßen Rüddels Position." Die Generalisierung wäre eine "fehlgeleitete, unzeitgemäße Entwicklung".