Hamburg, Frankfurt a.M. (epd)"Früher galt der Grundsatz, dass man über Suizid am besten gar nicht redet. Das hat sich mittlerweile geändert", sagte Georg Fiedler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Fiedler ist Psychologe am Universitäts-Klinikum Hamburg-Eppendorf und im Nationalen Suizid Präventionsprogramm aktiv. In Deutschland nehmen sich jedes Jahr rund 10.000 Menschen das Leben. Vor 35 Jahren wurden noch mehr als 18.000 Suizide gezählt. Auf das Thema macht am 10. September der Welttag der Suizidprävention aufmerksam.
Frühzeitig Hilfe holen
"Verwandte sollten ihren Angehörigen unbedingt ansprechen, wenn sie bei ihm suizidale Absichten vermuten", rät der Psychologe. Gemeinsam könnten sie sich nach Beratungsstellen und Therapeuten umsehen. Wenn sich Selbstmordgefährdete frühzeitig an Experten wendeten, ließen sich Selbsttötungen verhindern. "Suizidale Menschen sehen selbst oft keine Möglichkeit, ihre Lebenssituation zu verbessern. Daher ist es hilfreich, dass sie mit Personen außerhalb des familiären Umfelds über ihre Lage sprechen."
Dass auf ärztlicher Seite noch einiges besser gemacht werden muss, sei durch Untersuchungen belegt. Diese besagen, dass drei Viertel aller Menschen in den vier Wochen vor ihrem Suizid ihren Hausarzt aufsuchen. "Das ist ein Hilferuf, der aber noch viel zu selten erkannt wird." Außerdem fordert Fiedler einen besseren Zugang zu Therapiesitzungen für Menschen, die nicht unmittelbar gefährdet sind. "Für sie gibt es teilweise Wartezeiten von drei bis sechs Monaten. Das muss sich ändern."
Laut Fiedler spielen die Medien mit ihrer Berichterstattung über Selbsttötungen bisweilen eine unglückliche Rolle. Gerade bei prominenten Fällen wünscht er sich, dass weniger detailliert über die Art und Weise eines Suizids berichtet wird. Nach dem tragischen Tod des früheren Bundesligatorwarts Robert Enke im November 2009 hätten sich Suizidversuche in Deutschland auf Bahngleisen verdreifacht, so Fiedler.
Zugang zu Suizidmitteln einschränken
Zum assistierten Suizid hat der Psychologe eine klare Meinung: "Auch heute dürfen Menschen nicht gegen ihren Willen von Maschinen am Leben gehalten werden. Wer aber auf Suizidgedanken mit einer Forderung nach einem einfacheren Zugang zu tödlichen Medikamenten reagiert, hat aus meiner Sicht etwas nicht verstanden." Ein wichtiger Aspekt der Suizidprävention sei ja gerade, den Zugang zu Suizidmitteln einzuschränken. Im Herbst will der Bundestag über ein neues Gesetz zur Sterbehilfe abstimmen.