Studie: Typischer Nichtwähler kommt aus sozial schwachem Milieu
Die typischen Nichtwähler stammen einer Studie zufolge fast ausschließlich aus prekären Stadtvierteln.

Gütersloh (epd)Die Wahlbeteiligung war bei der Bundestagswahl im September 2013 in privilegierten Schichten um bis zu 40 Prozentpunkte höher als die Beteiligung in sozial schwachen Milieus, wie eine am Montag veröffentlichte Analyse des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag der Gütersloher Bertelsmann Stiftung ergab. Mehr als jeder dritte Nichtwähler (38 Prozent) kommt demnach aus der Unterschicht und unteren Mittelschicht. Diese Gruppen stellen aber nur 22 Prozent der Wahlbeteiligten.

Gleichgültigkeit mündet in Wahlmüdigkeit

"Vor allem sozial benachteiligte Menschen verzichten auf ihr Wahlrecht", sagte Robert Vehrkamp, Demokratie-Experte der Bertelsmann Stiftung. Ursache für Wahlmüdigkeit sei vor allem Gleichgültigkeit gegenüber den Werten und Erwartungen der Leistungsgesellschaft.

Für die Analyse wurde die ARD-Wahlumfrage von 2013 in 640 repräsentativen Stimmbezirken ausgewertet. Die Forscher teilten dabei die Nichtwähler anhand der Ergebnisse in mehrere unterschiedliche Milieus auf. Demnach ist die Wahlenthaltung bei den sogenannten prekären Menschen sowie bei den spaß- und erlebnisorientierten Menschen der unteren Mittelschicht besonders ausgeprägt. Diese beiden Gruppen stellen laut Analyse zusammen nur ein gutes Fünftel aller Wahlbeteiligten, aber mit 6,6 Millionen Nichtwählern fast 38 Prozent aller Nichtwähler. Ihre Stimmen sind im Wahlergebnis daher deutlich unterrepräsentiert.

Sozial gespaltene Demokratie

Die geringste Wahlbeteiligung (47,7 Prozent) gab es bei der Bundestagswahl 2013 bei den "Hedonisten", einer Gruppe mit ausgeprägter Konsumneigung und Selbstverwirklichungstrieb. Auch im prekären Milieu, das sich durch Zukunftsängste und geringe Aufstiegschancen auszeichnet, war die Wahlbeteiligung mit 58,9 Prozent vergleichsweise gering. Anders sieht es in der oberen Mittelschicht und der Oberschicht aus: Im liberal-intellektuellen Milieu, also der aufgeklärten Bildungselite, lag die Wahlbeteiligung bei 88 Prozent. Die konservative Wählergruppe kam auf 83 Prozent.

"Deutschland ist zu einer sozial gespaltenen Demokratie geworden", folgerte Stiftungs-Experte Vehrkamp aus den Zahlen. "Zwischen Ober- und Unterschicht klafft eine deutliche Lücke in der Wahlbeteiligung." In diesem wählerschwächsten Milieu verstärkten sich die sozial prekäre Lage und die Werte und Einstellungen gegenseitig.