Frankfurt a.M. (epd)"Dennoch ist Neger kein wertneutrales Wort und ist mit einer Reihe von Negativassoziationen besetzt", sagte Plewnia, der am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim forscht, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb gäbe es einen breiten öffentlichen Konsens, dieses Wort nicht zu verwenden. Darin seien sich normalerweise alle politischen Amtsträger einig.
Unüberlegt gehandelt
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) löste eine gesellschaftliche Debatte aus, nachdem er in der Sendung "Hart, aber fair" im WDR am Montagabend sagte: "Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den weißen Deutschen wunderbar gefallen hat." Herrmann erklärte im ZDF-Morgenmagazin am Dienstag, er habe damit nur auf einen Anrufer reagiert. Der hatte gesagt, er wolle "Neger überhaupt nicht haben." Herrmann sagte auch, dass er das Wort sonst überhaupt nicht verwende.
Sprachwissenschaftler Plewnia betonte, man müsse vorsichtig sein, Herrmann jetzt als Rassisten zu bezeichnen. Der bayerische Innenminister habe auf einen rassistischen Anruf in der Echo-Form reagiert und dabei wahrscheinlich unüberlegt gehandelt. "Man könnte Herrmann vorwerfen, nicht adäquat auf den Anruf reagiert zu haben." Ein Rassist aber könne genau der sein, der weiß, dass man "Neger" nicht sagen dürfe. Gerade Rechtsextremisten hätten sehr genau gelernt, welche Sprache Tabu sei.
Plewnia beklagt eine reflexhafte Reaktion in den sozialen Netzwerken auf bestimmte Begriffe. "Ein Signalwort reicht aus, um einen Shitstorm auszulösen." Der Sprachwissenschaftler kritisierte, dass die Debatte nur auf einen kurzen Ausschnitt in der Sendung bezöge und "nicht genau hingeschaut wird". Man solle Begriffe nicht aus dem Kontext lösen. Auch die mangelnde Empörung der anderen Sendungs-Gäste über die Aussage Herrmanns zeige, dass die Runde das Wort in dem Kontext als "harmlos" und "unproblematisch" empfunden habe.
Bestimmte Begriffe sind tabu
Es gebe Begriffe, wie zum Beispiel "Neger", deren "Bedeutung und Verwendung ausgehandelt werden müssen und die Gegenstand von Kulturkämpfen sind". Die Stigmatisierung von Begriffen sei oftmals ein Bestreben, Benachteiligungen aufzuheben, sagte der Sprachwissenschaftler. Dagegen gebe es bestimmte Begriffe aus der NS-Zeit, wie zum Beispiel "Endlösung", die komplett tabu seien. "Wer einen Nazi-Vergleich bringt, ist politisch erledigt", sagt Plewnia.