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Der Film "Ricki? Wie Familie so ist" mit Meryl Streep (links) kommt am 03. September in die Kinos.
Altes Lied mit neuem Rhythmus

Unter Jonathan Demmes Regie und mit Tochter Mamie Gummer an ihrer Seite läuft Meryl Streep in «Ricki - Wie Familie so ist» als alternde Rockgöre zu Bestform auf: ein Familienfilm mit spöttischen Seitenhieben gegen Hipster- und Bürgertum.
01.09.2015
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Von Kai Mihm (epd)

Frankfurt a. M. (epd)Zugegeben, die Story klingt allzu vertraut: Titelfigur Ricki (Meryl Streep) ist eine alternde Rocksängerin, die ihre Familie vor Jahrzehnten für eine Musikkarriere im Stich ließ. Inzwischen sind die großen Träume längst kleinen Auftritten in schäbigen Bars gewichen. Eines Tages reißt ein familiärer Notruf die Mittfünfzigerin aus ihrem Trott. Sie fährt nach Indianapolis, ins Haus ihres Exmannes Pete (Kevin Kline), um ihrer aus Liebeskummer selbstmordgefährdeten Tochter Julie (Streep-Tochter Mamie Gummer) beizustehen. Die beiden haben sich allerdings seit Jahren nicht mehr gesehen und Julies Hass auf ihre selbstsüchtige Mutter ist groß.

Schöne Details

Dass Ricki sich mit ihrer Tochter und dem Rest ihrer entfremdeten Exfamilie versöhnen wird, steht in dem Familienfilm "Ricki - Wie Familie so ist" nicht wirklich in Frage. Aber darum geht es nicht. Was den Film besonders macht, ist der Weg dorthin und wie es dem Film dabei immer wieder gelingt, die Erwartungen einerseits zu bedienen und zugleich mit schönen Details zu überraschen.

Die Sensibilitäten von Drehbuchautorin Diablo Cody und Regisseur Jonathan Demme ergänzen sich dabei hervorragend. Die Schärfe und der manchmal überdeutliche politische Fingerzeig in Codys Dialogen werden von Demmes Inszenierung aufs richtige Maß gebracht; umgekehrt verhindern Codys spöttische Seitenhiebe gegen Hipstertum und Bourgeoisie, dass Demmes Versöhnlichkeit in die Konturlosigkeit abgleitet.

Amerikanische Familienbilder

Dennoch ist der Film vom Humanismus des Regiealtmeisters geprägt. In klug-humorvoller Weise bringt Demme die drei zentralen amerikanischen Filmfamilienbilder zusammen: Die altmodische Bilderbuchfamilie von Pete und seiner neuen Frau, die dysfunktionale Familie mit Ricki und ihren erwachsenen Kindern sowie das Motiv der Ersatzfamilie in Form von Rickis treuer Rockband namens "The Flash". Auch dass Ricki sich trotz Außenseiterattitüde und schwulem Sohn als erzkonservativ erweist, gehört für Demme und Cody zu den alltäglichen Widersprüchlichkeiten des Lebens: "Ich wurde schwul geboren!", belehrt ihr verständnisloser Sohn sie im Streit.

Wenn solche hintersinnigen Provokationen der Sympathie für Ricki keinen Abbruch tun, ist das auch dem exzellenten Spiel von Meryl Streep zu verdanken: Die Schauspiel-Ikone legt ihre Manierismen komplett ab; in vulgärem Schmuddeloutfit und mit abgerockter Frisur agiert sie so natürlich, wie seit Jahren nicht mehr. Sogar wenn Ricki unangenehm daneben liegt, macht Streep auf subtile Weise spürbar, dass bei dieser Frau alles von Herzen kommt.

Filmisch-autobiografische Details

Das gilt insbesondere auch für die authentisch wirkenden Auftritte von "Ricki and The Flash". Jonathan Demme hat Konzertfilmklassiker über die Talking Heads und Neil Young gedreht, als Rickis Bandmitglieder besetzte er durchweg echte Musiker, darunter Neil Youngs Exbassisten Rick Rosas, den Talking Heads-Keyboarder Bernie Worrell sowie den einstigen Teeniestar Rick Springfield als Gitarristen. Es sind nicht zuletzt solche schönen, filmisch-autobiografischen Details, wie auch die Besetzung von Meryl Streeps echter Tochter als ihre Filmtochter, die "Ricki and The Flash" eine besondere Note verleihen. Manchmal braucht es gar nicht viel, um aus einem vermeintlichen Allerweltsstoff etwas sehr Persönliches zu machen.