Berlin (epd)"Wenn man sich anschaut, welche Unternehmen hinter Gittern produzieren, erkennt man die betriebswirtschaftliche Dimension", sagte der Vereinsgründer und Ex-Häftling Oliver Rast dem Evangelischen Pressedienst (epd). Für die Inhaftierten würde der Mindestlohn einen deutlichen Lohnsprung bedeuten, bislang verdienen sie zwischen acht und 15 Euro pro Tag.
Gefangenengewerkschaft gegründet
"Die Zeiten, in denen in Gefängnissen Tüten geklebt oder Kugelschreiber zusammengedreht werden, sind lange vorbei", sagte Rast, der im vergangenen Jahr die "Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation" gegründet hat. Es gebe heute kaum einen Automobilkonzern, der nicht in Haftanstalten produziere. Viele Justizministerien machten heute Werbung mit den Justizvollzugsanstalten als "verlängerte Werkbank für die regionale Industrie", sagte Rast.
Die Vorteile für die Unternehmer seien klar: keine Lohnnebenkosten, verfügbare Arbeitskräfte bei Produktionsspitzen und keine Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, erklärte Rust. "Die Preise werden mit der JVA in geheimen Verträgen ausgehandelt", sagte der Vereinsgründer.
Den gewünschten Zweck der Resozialisierung der Strafgefangenen erfülle die Arbeit nicht. "Es geht beispielsweise darum, jeden Tag bestimmte Stückzahlen eines Produkts herzustellen. Das ist eine Form von Erwerbsarbeit, die unter den Zwangsbedingungen im Gefängnis ein Ausnutzen der Arbeitskraft bedeutet", kritisierte Rast.
Arbeit muss sich lohnen
Er habe zwar nur Häftlinge getroffen, die auch arbeiten wollten, "aber wenn man in der Situation ist, seine Arbeitskraft einbringen zu müssen, sollte das nicht knapp oberhalb der Gratismarke sein", sagte Rast. Inhaftierte müssten den Eindruck haben, dass sich die Arbeit lohne. Hinzu komme ein weiteres Problem. Gefangene seien von der Rentenversicherungspflicht ausgenommen. "Nach mehrjähriger Haft droht vielen deshalb die Altersarmut", kritisierte Rast.
Die Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) hat sich im Mai 2014 gegründet und fordert den Mindestlohn und Rentenvorsorge für Inhaftierte. Die Organisation hat nach eigenen Angaben 800 Mitglieder, von denen etwa 95 Prozent inhaftiert sind.