Gütersloh (epd)Wie aus der am Freitag veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht, gerät ein Viertel der Städte und Gemeinden in Deutschland immer tiefer in die Schuldenspirale. Sie sichern ihre Zahlungsfähigkeit mit sogenannten Kassenkrediten, die in den vergangenen zwei Jahren von 47,4 Milliarden Euro auf 49 Milliarden Euro angestiegen sind. Die Hälfte der Verbindlichkeiten verteilt sich bundesweit auf nur 25 Städte. Hauptgründe sind laut Stiftungsexperten hohe Wohnkosten für Hartz-IV-Bezieher und geringere Steuereinnahmen.
Zu den Kommunen mit den höchsten Kassenkrediten pro Einwohner gehören demnach die nordrhein-westfälischen Städte Oberhausen, Hagen und Remscheid sowie Pirmasens und Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz. Mit der Kredithöhe stiegen auch die Zinsrisiken, hieß es. So etwa für die Stadt Essen, die mit fast 2,2 Milliarden Euro allein vier Mal mehr Kassenkredite bedienen müsse als alle Kommunen in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen zusammen.
Bayerische Kommunen erzielen größten Überschuss
Im Gegensatz dazu steht, dass die kreisfreien Städte und Landkreise aufgrund der guten Konjunktur im vergangenen Jahr einen Überschuss von insgesamt 240 Millionen Euro verbuchen konnten. Drei von vier Kommunen sind überhaupt nicht auf Kassenkredite angewiesen, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Die höchsten Steuereinnahmen pro Kopf erzielten die wirtschaftsstarken Landkreise München und Dingolfing-Landau, Ingolstadt, Wolfsburg und Frankfurt am Main. In Nordrhein-Westfalen kam 2014 laut Studie nur die Stadt Gütersloh ohne Kassenkredite aus.
Bei einem Vergleich nach Bundesländern konnten demnach auch die bayerischen Kommunen den größten Überschuss mit 127 Euro je Einwohner verbuchen. Das größte Defizit pro Kopf vermeldeten die Kommunen im Saarland mit 319 Euro. Der alle zwei Jahre erscheinende "Finanzreport Kommunen" basiert auf jeweils aktuellen amtlichen Statistiken zu Schulden, Steuereinahmen und Sozialausgaben der 398 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland.
Den Anschluss verloren
"Die Unterschiede zwischen den Regionen werden fortgeschrieben", beklagte die Kommunalexpertin der Stiftung, Kirsten Witte. Die hoch verschuldeten Kommunen verlören mehr und mehr den Anschluss. Keiner der verschuldeten Städte sei es seit 2008 aus eigener Kraft gelungen, Kassenkredite abzubauen. Eine spürbare Entlastung könnten nach Wittes Ansicht die Übernahme der Hartz-IV-Wohnkosten durch den Bund und eine Änderung beim Länderfinanzausgleich bringen.
Die Haushaltskrisen in den Kommunen wirkten sich negativ auf die Investitionen aus, sagte René Geißler, Finanzexperte der Bertelsmann Stiftung. So seien im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen die Kassenkredite inzwischen höher als die Investitionskredite, die in die Infrastruktur vor Ort fließen.