Hamburg (epd)Laurent Sourisseau, Herausgeber der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo", will den Propheten Mohammed künftig nicht mehr karikieren. "Wir haben Mohammed gezeichnet, um das Prinzip zu verteidigen, dass man zeichnen darf, was man will", sagte der französische Künstler dem Nachrichtenmagazin "Stern". Die Redaktion habe den islamischen Propheten nicht aus persönlichem Interesse verballhornt, sondern für die französische Gesellschaft. "Es ist ein wenig seltsam: Man erwartet von uns, dass wir eine Freiheit ausüben, die im Grunde niemand mehr zu nutzen wagt. Dabei haben wir unseren Job gemacht", betonte Sourisseau. "Wir haben das Recht auf Karikatur verteidigt. Nun sind andere dran."
Sourisseau erklärte, nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift sei die Redaktion nicht anfälliger für Selbstzensur geworden. "Wir glauben immer noch, dass wir das Recht haben alle Religionen zu kritisieren", sagte er. Er wolle aber nicht, dass man denke, "Charlie Hebdo" sei vom Islam besessen: "Insgesamt haben wir gar nicht so viele Islamkarikaturen gemacht." Die Fehler, die man dem Islam vorwerfen könne, könne man allen Religionen vorwerfen.
Sourisseau, auch "Riss" genannt, saß bei dem islamistischen Anschlag auf das Satireblatt am 7. Januar in Paris mit am Tisch der Redaktionskonferenz. Die Attentäter zertrümmerten die Schulter des 48-Jährigen. Bei dem Anschlag wurden zwölf Menschen ermordet, darunter auch der damalige Herausgeber der Zeitschrift, Stéphane Charbonnier ("Charb").
Als neuer Herausgeber hält Sourisseau auch 40 Prozent der Unternehmensanteile. Unstimmigkeiten zwischen ihm und anderen Überlebenden von "Charlie Hebdo" werden seit Ende März öffentlich ausgetragen. Namhafte Redaktionsmitglieder fordern eine genossenschaftliche Hierarchie, an der alle Mitarbeiter beteiligt sein sollen. Sourisseau bekräftigte im "Stern" seine ablehnende Haltung gegenüber einer Genossenschaft: "Unternehmensbeteiligung und Redaktion, das sind zwei ganz unterschiedliche Sachen."
epd dsp fu