Berlin (epd)Im Bundestag werden die Pläne zum Umgang mit den umstrittenen Sterbehilfe-Organisationen konkret. Am Dienstag stellte eine erste fraktionsübergreifende Parlamentariergruppe einen Entwurf vor, der die "geschäftsmäßige", das heißt auf Wiederholung angelegte Hilfe beim Suizid unter Strafe stellt. Die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese sagte, die Gruppe sehe ein Problem dort, "wo Vereine oder Einzelpersonen geschäftsmäßig Beihilfe zum Suizid betreiben". Die Aggressivität von Organisationen, die den "Tod auf Bestellung servieren", zwängen zu einer Regelung, sagte der CSU-Politiker Michael Frieser.
Die Initiatoren-Gruppe aus zehn Abgeordneten von Union, SPD, Grünen und Linken spricht sich in ihrem Antrag für einen neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch aus. In Paragraf 217 soll es künftig heißen: "Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Die Arbeit von Organisationen wie der des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch wäre damit nicht mehr möglich.
Keine ausdrückliche Regelung für Ärzte
Angehörige oder nahestehende Personen sollen dem Antrag zufolge vor Verfolgung geschützt werden, wenn sie bei der dann strafbaren Form der Suizid-Beihilfe teilnehmen, etwa indem sie den Sterbewilligen dorthin fahren. "Wer die Schärfe des Strafrechts nutzt, tut gut daran, nicht in Familien hineinzuregieren", sagte Frieser.
Eine ausdrückliche Regelung für Ärzte ist in dem Entwurf nicht enthalten. Griese stellte jedoch klar, dass auch sie nach dieser Regelung in Konflikt mit dem Strafrecht geraten, wenn sie die Suizidbeihilfe geschäftsmäßig verfolgten. Ethische Einzelfallentscheidungen sollten aber nicht sanktioniert werden. Bisher Mögliches, darunter auch die palliative Sedierung, die Schmerzen lindert, gegebenenfalls aber auch das Leben verkürzt, soll auch künftig erlaubt bleiben.
Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland wie der Suizid selbst nicht verboten. Das nutzen Sterbehilfeorganisationen. Im Bundestag wird derzeit um den Umgang mit der organisierten Form des assistierten Suizids gerungen. Bislang gibt es vier Positionen: Neben dem am Dienstag vorgestellten Entwurf stehen Pläne einer Gruppe um Renate Künast (Grüne), die die Arbeit von Sterbehilfeorganisationen erlauben und die Bedingungen dafür ausdrücklich regeln will.
"Weg der Mitte"
Zudem gibt es eine Gruppe um die Abgeordneten Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD), die Ärzten die Beihilfe zum Suizid ausdrücklich gestatten will. Mediziner sind bei der Regelung ein Sonderfall: Ihnen ist per Standesrecht die Beihilfe zum Suizid verboten. Eine vierte Position zum Thema formulierte kürzlich der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg: Er will jede Beihilfe zum Suizid mit bis zu fünf Jahren Haft ahnden.
Zwischen diesen Positionen sei der Entwurf der Parlamentarier für ein Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe ein "Weg der Mitte", sagte der CDU-Politiker Michael Brand. Er rechnet mit einer großen Unterstützerzahl im Bundestag. Nach seinen Angaben steht auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hinter dem Papier.
Die SPD-Abgeordnete Eva Högl betonte, dass die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Pläne genau geprüft worden sei. Juristen hatten sich skeptisch darüber geäußert, ob es möglich ist, eine Handlung, die zunächst jedem erlaubt ist, zu verbieten, sobald sie "geschäftsmäßig" erfolgt.
Daran zweifelt offensichtlich auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach er sich dafür aus, nur die gewerbsmäßige, also auf Geschäfte ausgerichtete Sterbehilfe zu verbieten, "und im Übrigen keine Regelungen" zu treffen. Es gebe Grenzen des Rechts: "Die sind hier erreicht", sagte der Jurist. "Wir werden nie eine Regelung finden, die allen schwierigen Entscheidungssituationen am Ende des Lebens gerecht wird", betonte der CDU-Politiker.