Köln (epd)Die beiden Journalisten Udo Stiehl und Sebastian Pertsch sind mit dem erstmals verliehenen Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik ausgezeichnet worden. Sie erhielten den Preis am Montag beim ersten Kölner Forum für Journalismuskritik für ihr Internetprojekt "Floskelwolke". Mit dem Projekt wollten sie die Aufmerksamkeit auf immer wiederkehrende Sprachbilder und Sprachfälschungen in den Medien lenken, erklärte Stiehl. Damit solle das Bewusstsein von Lesern wie Journalisten geschärft werden. So sei beispielsweise oft von "sozialschwach" die Rede, weil das Wort "arm" vermieden werden solle.
Der mit 6.000 Euro dotierte Preis wird von der Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) an Personen und Institutionen verliehen, die sich kritisch mit dem Journalismus in der Demokratie auseinandersetzen. Damit soll laut INA die Diskussion um Aufgaben und Fehlentwicklungen des Journalismus in der Öffentlichkeit wach gehalten werden. Namensgeber ist der für seine kritischen Enthüllungsberichte bekannte Kölner Journalist Günter Wallraff.
"Datenkuh" im Internet
Die INA stellt jährlich zehn Themen vor, die nach ihrer Einschätzung trotz gesellschaftlicher Bedeutung in den Medien zu kurz kommen. Das Kölner Forum für Journalismuskritik wird getragen von der INA, dem Deutschlandfunk und der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft mit Sitz in Köln und Berlin.
Der Internet-Aktivist Jochim Selzer beklagte bei dem Forum für Journalismuskritik, dass es immer weniger Privatsphäre im weltweiten Web gebe. Wer sich im Internet bewege, hinterlasse bewusst oder unbewusst eine breite Datenspur, sagte er. Selzer ist Mitglied des Chaos Computer Club und in einem Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung. Je nach privaten Schutzmechanismen gelte: "Entweder bin ich im Internet oder ich habe eine Privatsphäre." Der Einzelne könne kaum feststellen, wer von den hinterlassenen persönlichen Daten profitiere. "Ich möchte nicht als Datenkuh gemolken werden", sagte Selzer.
Barbara Schmitz, Redakteurin bei der Investigativreihe "Die Story" beim Westdeutschen Rundfunk (WDR), betonte, dass für komplizierte Themen Rechercheverbünde sinnvoll seien. WDR, NDR und die "Süddeutsche Zeitung" versuchten, mit ähnlichen Methoden die Hintergründe zu aktuellen Entwicklungen aufzudecken. Deshalb seien Allianzen hilfreich, um Ressourcen zu bündeln. "Man kann mit investigativem Journalismus in der jetzigen Zeit kein Geld mehr verdienen", sagte Schmitz.