Gütersloh (epd)Trotz guter Konjunktur sind die Sozialausgaben der Kommunen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gestiegen. Im Jahr 2014 beliefen sie sich auf 78 Milliarden Euro, wie aus einer am Montag vorgestellten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. 2004 lagen sie noch bei 51 Milliarden Euro. Vielen Kommunen bleibe dadurch kaum noch Handlungsspielraum, hieß es.
Bund soll Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern übernehmen
In Flensburg beispielsweise binden die Sozialausgaben inzwischen 58 Prozent des städtischen Etats. Die Autoren der Studie und der Deutsche Städtetag plädierten dafür, dass der Bund die Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern übernimmt.
Die Belastung der Kommunalhaushalte durch Sozialleistungen ist der Studie zufolge bundesweit unterschiedlich. In Baden-Württemberg ist sie mit durchschnittlich 31 Prozent am niedrigsten. Die Höhe der Sozialabgaben sei vor allem von der Sozial- und Wirtschaftsstruktur der jeweiligen Region abhängig.
Die Untersuchung erstellte die Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verein für öffentliche Fürsorge, dem Statistischen Bundesamt und dem statistischen Landesamt für NRW.
Bundesweite Kosten bei rund 14 Milliarden Euro
Ab 2018 will der Bund die Kommunen jährlich in Höhe von fünf Milliarden Euro entlasten. Wenn der Bund diese Förderung für die Übernahme der Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger einsetze, sei das der entscheidende Hebel, den armen Kommunen gezielt zu helfen, sagte René Geißler, einer der Studienautoren. In NRW könnten dadurch nach seiner Einschätzung 75 Prozent der Defizite in den Kommunalhaushalten getilgt werden.
Die Übernahme der Wohnkosten für Arbeitslose biete sich als Bundesaufgabe an, weil sie bundesweit einheitlich geregelt seien und vor allem in struktur- und steuerschwachen Regionen anfielen, erklärte die Stiftung. Unter den hohen Ausgaben für Wohnkosten ächzten vor allem wirtschaftsschwache Kommunen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit und geringen Steuereinnahmen. Bundesweit lagen diese Kosten im Jahr 2013 bei rund 14 Milliarden Euro.
Entlastung bei Ausgaben für Flüchtlinge
Der Deutsche Städtetag forderte die Bundesregierung auf, die geplante Entlastung um fünf Milliarden Euro noch in dieser Legislaturperiode festzulegen, "damit die Kommunen ab 2018 den positiven Effekt bei ihren Sozialausgaben spüren". Eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger könne dabei ein Entlastungsweg sein, sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus.
Dagegen forderte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, der Bund müsse sich sofort und nicht erst ab 2018 an den Ausgaben beteiligen. Die lange zugesagte Entlastung bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen müsse unverzüglich umgesetzt werden, zudem müsse sich der Bund an den Kosten für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen beteiligen.