Berlin (epd)Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, kritisiert, dass der Fonds für Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Familie noch nicht vollständig ausgestattet ist. In dem Fonds fehlten noch mehr als 40 Millionen der zugesagten 100 Millionen Euro, sagte Rörig am Freitag in Berlin. 14 Bundesländer hätten ihre Versprechen bisher nicht eingelöst. Bislang hätten nur der Bund sowie Mecklenburg-Vorpommern und Bayern ihren Beitrag geleistet. Außerdem werde der Fonds viel zu wenig beworben. Bisher seien erst rund ein Zehntel der Mittel abgerufen worden.
"Es fehlt offensichtlich vielerorts an politischem Willen, Betroffenen von sexueller Gewalt unbürokratisch zu helfen", monierte Rörig. Auch für das Hilfesystem für Missbrauchsopfer in Institutionen hätten bisher nur mit Kirchen, dem Rotem Kreuz, dem Olympischen Sportbund und der Diakonie Vereinbarungen getroffen werden können. Mit Schulen seien bisher keine Einigungen erzielt worden. Betroffene müssten zudem besser über Hilfsmaßnahmen informiert werden.
Hin zu Prävention und Hilfe
Über die Zusammenarbeit mit dem im März konstituierten Betroffenenrat äußerte sich Rörig positiv. Das Gremium sei eine "große Bereicherung" im Kampf gegen sexuellen Missbrauch, sagte er nach der ersten gemeinsamen Arbeitstagung am Freitag. Bei der Hilfe für Missbrauchsopfer sehe der Betroffenenrat noch Verbesserungspotenzial. Die Prioritäten der Politik müssten sich deutlich zugunsten von Prävention und Hilfe ändern.
Zuversichtlich äußerten sich Rörig und der Betroffenenrat über die Einführung einer Aufarbeitungskommission Anfang 2016. Damit ergebe sich die Chance, die "riesige Dimension von sexueller Gewalt" in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Sie könne zudem Ausmaß und Ursachen untersuchen.
Forum der Opfer
Der Betroffenenrat aus zehn Frauen und fünf Männern unterstützt die Arbeit des Missbrauchsbeauftragten. So soll den Opfern ein dauerhaftes Forum gegeben werden, damit sie sich an der Arbeit des Missbrauchsbeauftragten beteiligen können.