Karlsruhe (epd)Die Evangelische Landeskirche in Baden räumt erstmals öffentlich ein Versagen angesichts der Euthanasieverbrechen in der NS-Zeit ein. Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh schreibt in einem am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Bischofswort zum 75. Jahrestag der Euthanasieverbrechen: "Wir haben nicht deutlich und klar genug widersprochen." Die damalige Kirchenleitung habe die Verantwortlichen in den diakonischen Einrichtungen zu wenig darin unterstützt, Menschen mit Behinderung vor der Ermordung durch die Nazis zu retten.
Ermordeten Menschen seien Mahnung
Beschämung und Trauer herrschten in der Landeskirche über die Vorgänge in den 1940er Jahren, schreibt Cornelius-Bundschuh. Die ermordeten Menschen seien Mahnung und Auftrag, sich "für eine Welt einzusetzen, in der alle Menschen in Würde miteinander leben können".
Am 28. Mai 1940 wurden 70 Frauen und Mädchen mit Behinderungen aus der damaligen "Heil- und Pflegeanstalt Kork" nach Grafeneck auf der Schwäbischen Alb deportiert und dort ermordet. Es folgten aus der damaligen "Erziehungs- und Pflegeanstalt für Geistesschwache in Mosbach/Schwarzacher Hof", der heutigen Johannes-Diakonie, im September 1940 und im Juli 1944 weitere 262 Menschen, im Oktober 1940 nochmals 43 Menschen aus der heutigen Diakonie Kork.
Gleichberechtigtes Miteinander
75 Jahre nach der "Aktion T 4" trete die Landeskirche und ihre Diakonie "allen Bestrebungen entgegen, Menschen nach ihrer Nützlichkeit zu beurteilen", heißt es im Wort des Bischofs weiter. Und: "Wir sind davon überzeugt, dass ein gleichberechtigtes Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen das Leben aller reicher und vielfältiger macht."