Berlin (epd)In der Debatte um eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet. Der Entwurf, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, sieht vor, Beihilfe zum Suizid mit fünf Jahren Haft zu ahnden. Auch der Versuch soll bestraft werden. Nach Sensburgs Angaben hat sein Antrag in der eigenen Fraktion bisher zehn Unterstützer. Er werde nun auf die anderen Fraktionen zugehen und für seine Position werben, sagte Sensburg am Freitag dem epd in Berlin.
Beihilfe unter Strafe stellen
Der Sensburg-Antrag ist der bisher restriktivste in der Sterbehilfe-Debatte. Danach machen sich alle Menschen - ob Ärzte, Angehörige, Freunde oder auch die Mitarbeiter in Sterbehilfe-Vereinen - strafbar, sobald sie einem Menschen dabei helfen, sich umzubringen.
Suizid selbst ist in Deutschland nicht strafbar. Sensburg sieht aber kein rechtliches Problem darin, die Beihilfe unter Strafe zu stellen. Der Jurist und Verwaltungsrechtler sagte dem epd, dieses sei möglich, in anderen Ländern wie Österreich bereits Realität und aus seiner Sicht die klarste Regelung.
Wer nur die geschäftsmäßige und organisierte Sterbehilfe verbieten wolle, wie es nach derzeitigem Stand wohl die meisten Parlamentarier anstreben, werde große Schwierigkeiten haben, das Verbot ein- und abzugrenzen sowie es zu begründen. Er schlage vielmehr vor, die Beihilfe grundsätzlich unter Strafe zu stellen, in Einzelfällen aber mildernde Umstände anzuerkennen und die Bestrafung zu unterlassen.
Ethim in der Medizin
Am schärfsten setzt sich Sensburg gegen den geplanten Gruppenantrag seines Parteifreundes Peter Hintze ab, der sich gemeinsam mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach dafür ausspricht, Ärzten die Suizidbeihilfe ausdrücklich zu erlauben. Mediziner sind ein Sonderfall: Suizidbeihilfe ist ihnen in der Regel durch das ärztliche Standesrecht verboten. "Von den Befürwortern einer Straflosigkeit wird ein gesellschaftlicher Konsens über lebensunwertes Leben angestrebt", schreibt Sensburg in der Begründung zu seinem Gesetzentwurf.
Dem epd sagte Sensburg, in der Bevölkerung gebe es "ein natürliches Rechtsempfinden" für die Unrechtmäßigkeit einer Beihilfe zum Suizid. 93 Prozent seien in dem Glauben, sie sei schon heute strafbar. Würde Ärzten die Beihilfe nun ausdrücklich erlaubt, verkehrte dies das Rechtsempfinden aller ins Gegenteil.
Über die Franktionsgrenzen hinweg wird abgestimmt
Mit dem Sensburg-Antrag zeichnen sich für eine Neuregelung der Sterbehilfe im Bundestag jetzt vier Positionen ab. Die derzeit wohl größte Gruppe versammelt sich hinter den Abgeordneten Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD), die die geschäftsmäßige, organisierte Sterbehilfe und damit auch die Sterbehilfe-Vereine verbieten wollen, die Beihilfe zum Suizid aber nicht. Gänzlich gegen eine Neuregelung, sondern für den Erhalt der gegenwärtigen Rechtslage und auch der Sterbehilfevereine spricht sich eine Gruppe um Renate Künast (Grüne) aus.
Abgestimmt werden soll wie bei ethischen Fragen üblich über Fraktionsgrenzen hinweg. Nach dem bisherigen Zeitplan soll über die Gesetzesanträge Anfang Juli im Plenum des Bundestags beraten werden. Eine sogenannte Orientierungsdebatte hat es bereits gegeben.
Viele Positionen im Bundestag
Die SPD-Abgeordnete und Religionsbeauftragte ihrer Fraktion, Kerstin Griese, sagte dem epd, der Sensburg-Antrag erweitere das Spektrum der Positionen im Bundestag. Sie halte ihn zwar für "inhaltlich falsch", finde es aber gut, dass alle Richtungen vertreten seien. Griese sprach sich dafür aus, die gesetzlichen Regelungen zu beschränken. "Wir konzentrieren uns bewusst auf die Einschränkung der geschäftsmäßigen Sterbehilfe", erklärte sie. Sie wolle, dass die passive Sterbehilfe möglich sei und Ärzte Entscheidungsspielraum hätten.
Passive Sterbehilfe - das Sterbenlassen oder das Abstellen lebenserhaltender Maschinen - sind nicht strafbar. Weil auch die Beihilfe zum Suizid straffrei ist, handeln Sterbehilfevereine und Ärzte, die Sterbewilligen beispielsweise todbringende Medikamente überlassen, derzeit ebenfalls legal. Abzugrenzen ist die Beihilfe aber von der Tötung auf Verlangen, bei der etwa Medikamente direkt verabreicht werden. Sie ist strafbar.