Dortmund (epd)Rund 40 Prozent der 14-bis 28-Jährigen haben sich bereits einmal an Cybermobbing beteiligt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die der Psychologe Matthias Brand von der Universität Duisburg-Essen gemeinsam mit der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) erhoben hat. Rund ein Viertel aller Schüler sei bereits zum Opfer von solchen Internetattacken geworden, sagte Brand am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie während der Fachtagung Medienkompetenz und Jugendmedienschutz in Dortmund.
Massive körperliche und seelische Folgen
Der Untersuchung zufolge werden vor allem junge Leute zu Tätern, die zwar über ein hohes Aggressionspotenzial verfügen, aber kaum zu kritischer Selbstreflexion in der Lage sind. Zum Profil vieler Opfer gehört es nach den Worten von Brand, dass sie selbst sehr viel für das Netz produzieren, im Kontakt mit vielen Usern stehen und gern Risiken eingehen, indem sie beispielsweise Nacktbilder einstellen. Während rund die Hälfte der Opfer mit ihrer Situation recht gut zurechtkomme, weil das soziale Umfeld ihnen beistehe, leide die andere Hälfte unter massiven körperlichen und seelischen Folgen.
"Entgegen bisheriger Annahmen kommt es weniger auf die technische Expertise der jungen Nutzer an als auf Reflexion und Selbstregulation", erklärte Brand. "Das heißt: Auch wenn Kinder und Jugendliche sich technisch gut auskennen, bedeutet dies nicht, dass sie auch die Wirkung und Folgen von Cybermobbing einschätzen und Mobbingprozesse in der Gruppe unterbinden können." Er forderte, dass angesichts solcher Resultate in der Medienpädagogik neue Akzente gesetzt werden müssen.
Kultur gegen Cybermobbing
Es reiche nicht mehr aus, den technischen Umgang mit dem Internet zu erlernen und die Glaubwürdigkeit von Inhalten hinterfragen zu können. "Es ist ebenso erforderlich, dass die Nutzer sich selbstkritisch mit ihrem eigenen Handeln auseinandersetzen." User sollten angehalten werden, sich beispielsweise mit der Wirkung von selbst hoch geladenen Bildern und Videos zu befassen.
Fotomaterial erziele nun mal eine nachhaltige Wirkung im Bewusstsein der Menschen, sagte Brand. Das mache das Material unter Umständen auch so gefährlich. Ebenso müsse in den Fokus gerückt werden, welche Filme ein User auf Portalen wie Youtube favorisiere oder weiter verbreite. "Stellt man eigentlich hinreichend die Frage, wie sich wohl diejenigen fühlen, die auf einem vermeintlich lustigen Video zu sehen sind?" Brand verdeutlichte, dass eine Kultur vonnöten sei, die Cybermobbing schlichtweg nicht akzeptiert.