Berlin (epd)Teile der Berliner Grünen waren über Jahre von einem Pädophilen-Netzwerk unterlaufen. Nach einem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten internen Untersuchungsbericht wurden bis Mitte der 90er Jahre pädosexuelle Positionen in der Partei geduldet, oder es gab offene Sympathien dafür. Die Vertreter dieser Strömung waren zumeist im Schwulenbereich der Partei aktiv, der von Pädophilen teils sogar dominiert worden sei, wie es heißt. Mindestens zwei mittlerweile gestorbene Mitglieder der Grünen waren wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Straftäter und gehörten einem berlinweiten Pädophilen-Netzwerk an.
Jahrelanges Dulden und Wegsehen
Die Berliner Landesvorsitzende Bettina Jarasch sprach am Mittwoch von einer "falsch verstandenen Toleranz", für die sich die Partei heute schäme. Das eigentliche Versagen sei das jahrelange Dulden und Wegsehen und die Blindheit für die Opfer sexuellen Missbrauchs. "Es gab keine Auseinandersetzung mit der pädosexuellen Propaganda." Deren Aktivisten galten laut Bericht wie Schwule und Lesben in der Partei als Opfer gesellschaftlicher Diskriminierung und staatlicher Repression. So gründete noch 1992 das Grünen-Mitglied Fred Karst innerhalb der Schwulen-Gruppen die Arbeitsgemeinschaft "Jung und Alt", deren Aktivitäten auch für die zwölfköpfige Untersuchungskommission bis heute weitgehend im Dunkeln bleiben. Erst 1995 wurde gegen Karst ein Parteiausschlussverfahren angestrengt, dem er durch seinen Austritt zuvor kam.
Stimmen der Opfer fehlen
Größtes Manko des Berichts ist nach Einschätzung der Grünen selbst das Fehlen der Stimmen von Opfern. Zahlen von bis 1.000 Missbrauchten im Umfeld der Grünen seien rein spekulativ. "Wir hoffen, dass sich jetzt viele bei uns melden werden", sagte der Co-Landesvorsitzende Daniel Wesner. Der Bericht sei kein "Abschlussbericht", sondern die Aufarbeitung gehe weiter.