Suter glaubt nicht an «absolute Wahrheiten»

Hamburg (epd)Der Schriftsteller Martin Suter glaubt, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt. "Es gibt keine einfachen Wahrheiten, sie unterliegen stets der Perspektive des Betrachters - und damit auch seinem Hintergrund", sagte Suter der Philosophie-Zeitschrift "Hohe Luft" (Ausgabe 4/2015). Erfahrungen bestimmten, was ein Mensch über die Welt und das Leben denkt: "So kommt es auch, dass wir, obwohl wir das Gleiche sehen, möglicherweise etwas anderes darin erkennen. Und da es eine absolute Wahrheit nicht gibt, sollte man sich auch nicht so wichtig nehmen und glauben, seine Annahmen laut herausposaunen zu können."

"Darauf schauen, wer wir zu sein vorgeben"

So wenig der Mensch über die objektive Welt wisse, so wenig wisse er über sich, sagte der 67-jährige Schweizer Bestseller-Autor: "Ich denke, dass ein Leben nicht ausreicht, um sich selbst kennenzulernen. Doch auch wenn wir nicht wissen, wer wir wirklich sind, kommen wir der Wahrheit vielleicht näher, als wir denken, wenn wir darauf schauen, wer wir zu sein vorgeben."

Suter gestand ein, selber einmal der Versuchung erlegen zu sein, etwas Falsches vorzugeben. Als er studieren wollte, habe die Universität Basel sein englisches Abitur nicht akzeptiert. Er habe daraufhin seine Eltern getäuscht: "Also verließ ich morgens weiterhin mein Elternhaus und kehrte abends zurück. Doch statt zu lernen, hing ich die meiste Zeit in Cafés herum - wovon meine Eltern keine Ahnung hatten." Der Autor nutzt die Täuschung auch als Stilmittel: "Heute muss ich als Schriftsteller meine Leser täuschen", sagte Suter. "Jede Geschichte braucht ein Geheimnis."

Leben mit einem Panzer

Manche Dinge wie den Tod blendeten die Menschen aus, sagte Suter, der seinen Adoptivsohn bei einem Unfall verlor. Ihn ängstige die Erkenntnis, dass Menschen, die er liebe, irgendwann sterben werden. "Doch will ich mir dies wirklich vergegenwärtigen? Vielleicht lebe ich lieber mit dem Panzer, der Abwehr, die ich mir im Laufe des Lebens zu eigen gemacht habe", sagte Suter. Vielleicht wolle er deswegen auch nur bis zu einem bestimmten Grad wissen, was die Menschen über ihn denken.

Der Schweizer Suter arbeitete zunächst in der Werbung. Heute ist er als Schriftsteller mit Romanen und Krimis erfolgreich. Privat kehrte er nach Jahren im Ausland vor kurzem mit Frau und Tochter in die Schweiz zurück.