Frankfurt a.M. (epd)Die Waschmaschine wird nur gegen Vorkasse geliefert, die Bank gibt keinen Kredit, die Handyfirma bietet schlechtere Vertrags-Konditionen als angekündigt: So etwas passiert Verbrauchern bei schlechten Werten im Bonitätscheck, den viele Firmen vor einem Vertragsabschluss machen. Dafür kaufen sie bei Auskunfteien wie der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, Wiesbaden) Bewertungen über die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden.
Berechnungsformel ist Geschäftsgeheimnis
Ihr Bonitätsurteil bilden die Auskunfteien nach dem sogenannten Scoringverfahren. Für das Scoring sammeln Schufa und Co. an verschiedenen Stellen Daten, gewichten und berechnen diese dann mit ausgetüftelten Formeln. Am Ende steht ein Punktwert für die individuelle Kreditwürdigkeit von Kunden. Die Details der Berechnungsformel sind ein Geschäftsgeheimnis - und dürfen es auch sein, wie das Bundesverfassungsgericht. erst im vergangenen Jahr bestätigte.
Gesammelt und verwertet wird Unterschiedliches: Die Anzahl der Konten, Leasingverträge, unbezahlte Rechnungen, aber auch Informationen, die nicht direkt Zahlungskraft zu tun haben - wie etwa das Wohnumfeld. Eine Adresse im ärmeren Stadtteil kann so auch für Verbraucher Folgen haben, die ihre Rechnungen immer bezahlt haben.
Grüne: Verfahren "diskriminierungsgeeignet"
Für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sind Verfahren wie das "Geoscoring", also das Bewerten der postalischen Adresse "diskriminierungsgeeignet" - zumal ja geheim bleiben darf, wie stark das Merkmal am Ende in die Bewertung einfließt. An diesem Freitag wird ein Gesetzentwurf im Bundestag diskutiert, der das Verwenden von Geoscoringdaten und auch Daten wie dem Geschlecht oder Informationen aus sozialen Netzwerken für die Auskunfteien verbietet. "Noch immer können diskriminierende Daten wie die Adresse mit darüber entscheiden, ob jemand beispielsweise einen Kredit bekommt oder wie seine Handyvertragsbedingungen aussehen", kritisiert Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzende des Rechtsausschusses, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Außerdem sei das Scoringverfahren intransparent, da die Auskunfteien nicht verpflichtet seien, die Verbraucher über die gesammelten Daten zu informieren, sagt Künast. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass Auskunfteien einmal im Jahr von sich aus und kostenlos Bürger darüber unterrichten, welche Daten sie gesammelt haben, wie sie sie gewichtet haben und wie lange sie sie speichern werden. Künast: "Die Herrschaft über die Daten gehört den Bürgern und nicht den Unternehmen."
Länderminister: "Dringender Handlungsbedarf"
Einmal im Jahr können Bürger derzeit kostenlos bei den Auskunfteien erfragen, was über sie vorliegt. "Die Antworten, die sie dann erhalten, sind aber oft unverständlich", sagt Malte Engeler vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein. Das ULD und die GP Forschungsgruppen (München) haben vor kurzem für das Bundesjustizministerium eine repräsentative Scoring-Studie abgeschlossen. Ergebnis: Viele Verbraucher klagen darüber, dass falsche und unvollständige Daten über sie vorliegen.
Auch die Verbraucherschutzminister der Länder sahen auf der Verbraucherschutzkonferenz Anfang Mai parteiübergreifend "dringenden Handlungsbedarf". Sie empfehlen ein Verbot von Geoscoring und ein zentrales Auskunftsregister, in das Auskunfteien gesammelte Daten verständlich zur Verfügung stellen sollen.
Thomas Riemann, Geschäftsführer des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien in Neuss, findet die Kritik unberechtigt. "Unsere Kunden wollen nicht diskriminieren, sondern sich vor Zahlungsausfällen schützen", sagt Riemann. Und: "Rein statistisch ist es tatsächlich unwahrscheinlicher, von jemandem, der in einem 150-Parteien-Hochhaus mit vielen Schuldnern lebt, einen Kredit zurückzubekommen." Es bewahre letztendlich manchen Verbraucher vor Überschuldung, wenn eine Firma auf Vorkasse bestehe, statt nach einem abgeschlossenen Kauf eine unbezahlbare Forderung zu stellen.