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Buschpilot Martin Köhler mit Einheimischen vor seinem Flugzeug in Papua-Neuguinea im März 2014.
Mit dem Herzen noch in Papua-Neuguinea
Buschpilot Martin Köhler
kehrt zurück in die Heimat
Acht Jahre hat der Pilot Martin Köhler in Papua-Neuguinea bei Hilfsflügen in entlegene Gebiete sein Leben riskiert. Zurück in der Heimat Nürnberg fällt ihm und seiner Familie die Eingewöhnung schwer. Zu erfüllt war das Leben in der Fremde.
23.10.2015
epd
Katrin Riesterer-Kreutzer (epd)

Nürnberg (epd)Es sind Menschen wie Martin Köhler, auf deren Unterstützung Hilfsorganisationen bauen. Leute, die ihr komfortables Leben aufgeben und mit ihren Familie an das gefühlte Ende der Welt ziehen, um dort die Not anderer zu lindern. Vor acht Jahren sind der damals 35-Jährige und seine Frau Claudia mit ihren beiden kleinen Kindern diesen Schritt gegangen. Die Köhlers haben in all den Jahren in Papua-Neuguinea auf vieles verzichtet und doch nichts vermisst.

Auf Umwegen zum Buschpiloten

Das Leben spielt sich in einem abgezäunten Sicherheitsbereich ab. Restaurant- und Kinobesuche gibt es nicht, die Kinder können auf den kaputten Wegen das Radfahren nicht erlernen. Und dennoch sagt Köhler nach seiner Rückkehr: "Wir haben es keinen Tag bereut." Im Gegenteil: "Wenn ich meine Familie fragen würde, wir würden morgen wieder abreisen."

Martin Köhler wurde auf Umwegen zum Buschpiloten. Der heute 43-Jährige absolviert zunächst ein Studium zum Elektroingenieur. Bis heute arbeitet er, wenn er nicht für den humanitären Flugdienst MAF unterwegs ist, als Fernsehtechniker für die Deutsche Telekom. Seine Leidenschaft aber gilt schon als Jugendlicher der Fliegerei. Auch der Glaube spielt in Köhlers Leben von klein auf eine zentrale Rolle. Es sei immer sein Wunsch gewesen, "seinen Glauben mit der Fliegerei zu verbinden", sagt er.

Köhler verwirklicht nach dem Studium schließlich doch noch seinen Lebenstraum und macht eine Ausbildung zum Berufspiloten. Von seinen Eltern geprägt, die bereits in den Entwicklungsdienst gehen wollten, wagt der Ingenieur den Neubeginn. Köhler wirft sein "deutsches Sicherheitsdenken über Bord, überwindet seine Sorgen wegen der Kinder", nimmt bei der Telekom unbezahlten Urlaub und heuert bei der MAF (Mission Aviation Fellowship) Deutschland als Buschpilot an.

Bei der MAF fühlt sich Köhler schnell angekommen - hier kann er seine Ideale leben. Die MAF Deutschland ist Teil eines internationalen humanitären Flugdienstes, der in über 30 Ländern Hilfe leistet. In unzugänglichen Bergen, Wäldern und Urwäldern unterstützt die MAF durch Lufttransporte die Arbeit von Kirchen, Missionsgesellschaften und Hilfsorganisationen. Mit 136 Leichtflugzeugen fliegen die MAF-Piloten Medikamente, Nahrung und Trinkwasser zu über 1.800 Zielen weltweit.

Vor seinem ersten Einsatz trainiert Köhler ein Jahr lang das Buschfliegen im australischen Outback. Im Auftrag von Mission EineWelt, einer Einrichtung der bayerischen evangelischen Landeskirche, zieht er anschließend mit seiner Familie nach Wewak an die Nordküste von Papua Neuguinea. Die Familie lebt zwar einfach, sieht aber jeden Tag als ein wertvolles Geschenk an. "Es ging wunderbar", blickt Köhler zurück. Seine Frau Claudia ist Lehrerin, sie unterrichtet den Sohn und die Tochter während der Grundschulzeit selbst.

"Tatsächlich helfen"

Die Köhlers lernen schnell, von einem "Tag zum nächsten zu leben". Und finden dabei Ruhe und Erfüllung. "In Deutschland lebt man schneller als die Seele nachkommt", bedauert Köhler und fügt hinzu: "Die Menschen denken immer nur an die Zukunft." Nach drei Jahren Aufenthalt verlängern die Köhlers auf acht. Eltern und Kinder können sich eine Rückkehr kaum vorstellen. Alles fühlt sich richtig und gut an. "Wir konnten unsere Talente und Gaben einsetzen. Wir konnten tatsächlich helfen", erzählt Köhler.

Doch einfach war es nicht immer. Acht bis zwölf Flüge absolviert Köhler am Tag in das schwer zugängliche Sepik-Gebiet. Ohne die Unterstützung der Hilfsorganisationen könnten die Menschen dort kaum überleben. 80 Prozent der sieben Millionen Einwohner leben in Papua-Neuguinea ohne Verbindung zur Außenwelt. Ein Arzt kommt hier laut UN auf 20.000 Einwohner. Jedes zwölfte Kind stirbt vor dem fünften Lebensjahr an Malaria, Tuberkulose oder Cholera.

Der MAF fliegt allein in Papua-Neuguinea im Jahr 500 Notfalleinsätze. Darunter, weiß Köhler aus Erfahrung, sind viele Schwangerschaftskomplikationen, aber auch Knochenbrüche, innere Verletzungen und Schlangenbisse. Darüber hinaus werden von der MAF jährlich rund 90.000 Kilogramm Medizin in die Buschdörfer transportiert. Die Piloten bringen zudem Lehrer und Geistliche in die entlegenen Regionen. "Es ist eine unglaubliche logistische Leistung", sagt Köhler.

Hochschwangere Frauen gerettet

Die Angst vor den gefährlichen Flügen begleitet die Familie immer. Morgens verlässt Köhler das Haus mit gemischten Gefühlen. "Hoffentlich sehe ich meine Kinder wieder", denkt sich der Pilot täglich. Widrige Umstände gibt es zuhauf: tropische Regenfälle, Landepisten, die Äckern gleichen, Flüge durch Gebirgsregionen. Immer wieder fliegt Köhler auch hochschwangere Frauen in entfernte Krankenhäuser und rettet damit deren Leben. Das, sagt Köhler, waren die "sinnbringenden Momente".

Nach acht Jahren sind die Köhlers vor allem wegen der Kinder nach Deutschland zurückgekehrt. Die beiden sind jetzt elf und 13 Jahre alt. "Wir wollten ihnen nicht unser Leben überstülpen", sagt der Familienvater. Doch die Rückkehr in den "durchorganisierten deutschen Alltag" fällt der Familie schwer. "Unser Herz ist noch in Papua-Neuguinea. Wir sind hier noch nicht angekommen. Aber vielleicht gehen wir ja irgendwann wieder", sagt Köhler. Dabei lächelt er.