Gotha (epd)Die Gothaer Forschungsbibliothek zeigt seit Montag frühe Schriften von Martin Luther (1483-1546) aus Thüringer Beständen, die zum Weltdokumentenerbe der Unesco gehören. Die fünf ausgewählten Frühschriften aus vier Institutionen seien "Meilensteine und Schlüsseldokumente" der Reformation, sagte Henning Jürgens vom Leibniz-Institut in Mainz bei der Präsentation im Schloss Friedenstein. Das Institut war verantwortlich für den Antrag, auf dessen Grundlage am 9. Oktober insgesamt 14 Luther-Schriften in das Unesco-Weltdokumentenerbe aufgenommen wurden.
Einzigartiges Sprachdenkmal
Thüringen sei in der Auswahl "mit Abstand am häufigsten vertreten", sagte Jürgens. Dabei verdeutlichten die Schriften als "Singulärzeugnisse für die Wirkung Martin Luthers" neben der kirchlich-theologischen auch die weltweite kulturelle Bedeutung der Reformation. Die gezeigte Ausgabe der "Deutschen Messe" von 1526 sei das einzige erhaltene vollständige Exemplar, sagte Direktorin Sabine Wefers von der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena. Den ersten Gottesdienst nach der neuen Ordnung im Oktober 1525 habe Luther als Moderator begleitet.
Die Luther-Bibel von 1534 aus der Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek ist nach den Worten von Direktor Michael Knoche nicht nur "ein theologisches Dokument von revolutionärer Bedeutung" und ein einzigartiges Sprachdenkmal, sondern auch "ein persönliches Mahnzeichen" für den Schutz und die Erhaltung der kulturellen Überlieferung. Knoche hatte das zweibändige Exemplar während der Brandkatastrophe am 2. September 2004 aus dem brennenden Bibliotheksgebäude geborgen und damit vor der Zerstörung bewahrt.
Beleg für Zivilcourage
Als weitere Schrift aus der Bibliothek wurde der "Sermon von Ablass und Gnade" (1518) in das Unesco-Programm aufgenommen. Die Schrift erläutert die wichtigsten Argumente Luthers seiner 95 lateinischen Thesen vom 31. Oktober 1517 in deutscher Sprache. Weiteren Luther-Titel im Weltdokumentenerbe sind die Schrift "Von der Freiheit eines Christenmenschen" (1520) aus der einstigen Herzoglichen Bibliothek in Gotha und der Beginn von Luthers Redemanuskript für den Reichstag von Worms 1521 aus dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv in Weimar.
Das Manuskript sei "ein Beleg für Zivilcourage, die zeitlos ist", sagte Archivdirektor Bernhard Post. Die meisten Luther-Schriften kamen 1547 nach dem verlorenen Schmalkaldischen Krieg mit dem Erbe der Ernestiner in deren Thüringer Residenzen. Parallel zu der Ausstellung "Erinnerungsraum der Reformation" informiert eine Broschüre über Bestände von Luther-Schriften in weiteren Thüringer Einrichtungen.