Berlin (epd)"Die Zahlen sind dramatisch", sagte Ralf Südhoff, Leiter des deutschen Büros des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). In Äthiopien seien bereits jetzt 4,5 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, bis Jahresende werde die Zahl voraussichtlich auf 7,5 Millionen Männer, Frauen und Kinder steigen.
Wenn eine weitere Ernte wegen Regenmangel ausfällt, könnten im nächsten Jahr sogar bis zu 15 Millionen Menschen von Hunger bedroht sein. Das wäre jeder sechste Einwohner Äthiopiens. Damit würde die Ernährungskrise weit schlimmere Ausmaße annehmen als die Hungersnot von 2011, sagte Südhoff. Erinnerungen an die Tragödie von 1984/85 werden wach, als Schätzungen zufolge mehr als eine halbe Million Menschen in Äthiopien verhungerten.
Jedes fünfte Kind mangelernährt
Ursache der seit März anhaltenden Dürre in diesem Jahr ist laut dem Welternährungsprogramm das Wetterphänomen El Niño. Es tritt alle paar Jahre auf, beginnt mit einem Anstieg der Wassertemperatur im Pazifik beginnt und löst weltweit Turbulenzen aus. Ostafrika, Australien und Südostasien leiden dann unter Trockenheit, Teile von Südamerika unter heftigem Regen. Klimaforscher vermuten, dass die Erwärmung der Erdatmosphäre zu häufigeren und heftigeren El-Niño-Extremen führt.
In Äthiopien sind die Hunger-Warnzeichen für die UN-Experten alarmierend. "In einigen Regionen ist schon jedes fünfte Kind mangelernährt", sagte Südhoff. Das Welternährungsprogramm unterstütze bereits 1,5 Millionen Schwangere, Mütter und Kleinkinder. Die äthiopische Regierung habe 33 Millionen US-Dollar (29 Millionen Euro) für ein Notprogramm bereitgestellt.
Beträchtliche Fortschritte
Südhoff bescheinigte Äthiopien beträchtliche Fortschritte in den vergangenen Jahren in dem Bemühen, die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen Trockenheit zu machen. Dank eines hohen Wirtschaftswachstums könne sich das Land zwar auch selbst helfen, aber riesige Hungerkatastrophen bei weitem nicht allein bewältigen. Äthiopien zählt immer noch zu den ärmsten Ländern der Welt und hat ein hohes Bevölkerungswachstum.
Das Welternährungsprogramm unterstützt Hungernde in mehr als 80 Ländern. Die UN-Organisation finanziert sich ausschließlich durch freiwillige Beiträge von Regierungen sowie Spenden von Unternehmen und Privatpersonen.