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Telekommunikations-Anbieter sind nach dem neuen Gesetz verpflichtet, Telefonnummern und IP-Adressen zehn Wochen zu speichern.
Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Opposition sieht Bürger unter Generalverdacht gestellt
Verbindungsdaten der Menschen in Deutschland werden künftig mehrere Wochen lang gespeichert. Das sieht das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor. Mit der Neuregelung wird sich wohl das Bundesverfassungsgericht beschäftigen müssen.

Berlin (epd)Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet. Das umstrittene Gesetz verpflichtet Telekommunikations-Anbieter, Telefonnummern und IP-Adressen für zehn Wochen zu speichern. Standortdaten müssen vier Wochen lang gesichert werden. Scharfe Kritik an der Neuregelung kam aus den Reihen der Opposition. Der Datenschützer-Verein "Digitalcourage" kündigte eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz an.

404 Abgeordnete votierten bei der namentlichen Abstimmung mit Ja, 148 mit Nein. Sieben Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Dem Gesetz zufolge sollen die Daten nur in Deutschland gespeichert werden. Polizei und Staatsanwaltschaft sollen bei schweren Verbrechen wie Mord, Terror oder Internet-Kriminalität Zugriff auf die Daten erhalten. Voraussetzung ist ein richterlicher Beschluss. Die Betroffenen müssen dann informiert werden.

"Gift für unsere Demokratie"

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) räumte ein, dass die Vorratsdatenspeicherung einen Engriff in die informationelle Selbstbestimmung darstelle, dieser sei aber verhältnismäßig. Die Speicherung gebe Polizei und Justiz ein zusätzliches Instrument an die Hand, um bei schweren Straftaten zu ermitteln. Journalisten und andere Geheimnisträger würden besonders geschützt. Ihre Verkehrsdaten dürften nicht herausgegeben werden. Die Wirkung der Vorratsdatenspeicherung soll in den kommenden drei Jahren evaluiert werden.

Die Opposition kritisierte das Gesetz scharf. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sprach von einem Dammbruch und "Gift für unsere Demokratie". Er warf Maas vor, kein Rückgrat gezeigt zu haben. Der Justizminister hatte sich zunächst strikt gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen, seine Haltung nach dem Attentat auf "Charlie Hebdo" in Paris aber auf Druck der Union und des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel geändert.

Grüne und die Linksfraktion kritisierten außerdem, die Ausnahmen für Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger seien unzureichend und ungenau formuliert. Die Rechts-Expertin der Linksfraktion, Halina Wawzyniak, warf der Regierung vor, alle Bürger würden unter Generalverdacht gestellt. Es sei überhaupt nicht erwiesen, dass die massenhafte Datenspeicherung zur Aufklärung schwerer Straftaten erforderlich sei.

Verein plant Verfassungsbeschwerde

Der Branchenverband Bitkom äußerte sich ebenfalls kritisch. Es sei fraglich, ob die angestrebten Ermittlungserfolge einen derart starken Eingriff in die Grundrechte der Bürger rechtfertigten, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Für die Telekommunikationswirtschaft bedeute das Gesetz hohe Kosten und eine längere Phase der Rechtsunsicherheit.

Der Verein "Digitalcourage" teilte mit, eine Verfassungsbeschwerde werde bereits vorbereitet. "Digitalcourage" legte bereits 2008 Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung ein. 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht das damalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte dagegen mit, das Gesetz schaffe klare rechtliche Rahmenbedingungen für eine verbesserte Bekämpfung schwerster Kriminalität. Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Dietmar Schilff verwies darauf, dass Telefon- und Internetdaten nicht bei den Sicherheitsbehörden gespeichert würden. Diese erhielten erst nach einer richterlichen Anordnung Zugriff auf die Daten.