epd-bild / Harald Koch
Die Südafrikanerin Phuti Mogase ist als Dolmetscherin für den evangelischen Kirchenkreis Walsrode in Niedersachsens grösster Notunterkunft Oerbke unterwegs.
Dolmetscherin der Kulturen
Die Religionswissenschaftlerin Phuti
Mogase ist Ansprechpartnerin für Flüchtlinge in der Notunterkunft
Oerbke
Von Karen Miether (epd)
In Niedersachsens größter Notunterkunft für Flüchtlinge müssen 1.200 Menschen miteinander auskommen. Phuti Mogase aus Südafrika will dazu beitragen, dass die Menschen aus 20 Nationen einander verstehen.

Oerbke, Heidekreis (epd)Phuti Mogase winkt einem Jungen zu, der über den zentralen Platz des Flüchtlingslagers Oerbke radelt. "Hallo", ruft sie und fragt in einer Mischung aus Deutsch und Englisch: "Morgen? Class? - Unterricht?". Die Südafrikanerin ist für den evangelischen Kirchenkreis Walsrode in Niedersachsens größter Notunterkunft unterwegs. Die Kirche hat sie zunächst für ein Jahr angestellt - als Mittlerin zwischen den Kulturen. Dabei unterrichtet sie manchmal auch Deutsch, obwohl sie selbst im Englischen mehr zu Hause ist.

Erst einmal erzählen

Aus rund 20 Nationen kommen die rund 1.200 Flüchtlinge, die auf dem ehemaligen Kasernengelände der Nato in Oerbke vorübergehend eine Bleibe gefunden haben. Weitere rund 1.000 sind vor kurzem gleich nebenan in eine frühere Briten-Kaserne eingezogen. "Viele möchten erst einmal ihre Geschichte erzählen", hat Phuti Mogase erfahren: "Von ihrer langen, teuren und beschwerlichen Reise."

"Frau Phuti" steht auf dem Schild mit Mogases Sprechzeiten im kleinen Büro des Gemeinschaftstrakts in Oerbke. Gleich nebenan herrscht reger Betrieb. An mehreren Tischen unterrichten Ehrenamtliche die deutsche Sprache. Die pensionierte Lehrerin Margit Thurow-Sämann übt mit Männern, Frauen und Jugendlichen erste Worte: "Sprechen, schreiben, fragen." Ein Pastor schenkt Heißgetränke aus. Wie er hat auch Phuti Mogase eine lila Weste mit der Aufschrift "Notfallseelsorge" übergezogen. Bei Tee und Kaffee sucht sie das Gespräch.

Die Religionswissenschaftlerin hat in Kapstadt und im schottischen Edinburgh studiert, mit Kommilitonen verschiedener Religionen. Vor drei Jahren zog sie nach Hermannsburg, gar nicht weit von Oerbke. In dem Heidedorf arbeitete sie an der "Fachhochschule für Interkulturelle Theologie" des niedersächsischen Missionswerks. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen - einen Deutschen. "Wir haben jemanden gesucht, der Erfahrungen hat mit verschiedenen Religionen und Kulturen", sagt Superintendent Ottomar Fricke, der leitende Theologe im Kirchenkreis.

Bei ihrer Arbeit geht es oft um Alltägliches, erzählt Phuti Mogase. "In einigen arabischen Ländern sind zum Beispiel die Toiletten anders als hier." In Oerbke informieren Piktogramme auf Hauswänden und Containern unter anderem darüber, wie Müll entsorgt wird oder die Klos benutzt werden sollen. Bei den vielen Menschen, die dort zusammenleben müssen, können auch solche Fragen zu Streit führen. Einmal griff deshalb schon die Polizei ein. Größere Konflikte blieben aber bisher aus. "Wir haben hier einen friedlichen Ort", sagt Lagersprecherin Antje Heilmann von den Johannitern. Dazu tragen aus ihrer Sicht die vielen Dolmetscher bei, die zumindest die Sprachbarriere nehmen.

Erzwungene Untätigkeit

Doch das Warten auf ein Asylverfahren mache mürbe, berichtet ein Syrer. "Ich weiß, wir sind viele, aber wir hoffen auf eine schnelle Entscheidung." Er selbst übersetze von Englischen ins Arabische, sagt der 37-Jährige. Andere quäle dagegen die erzwungene Untätigkeit. Sein Begleiter beklagt, dass sich manche Flüchtlinge fälschlich als Syrer ausgäben, in der Hoffnung auf ein Bleiberecht.

Die meisten der Flüchtlinge sind Muslime. Aber auch einige Christen sind unter ihnen, vor allem orthodoxe. Mit ihnen fährt Mogase sonntags zur Kirche ins nahe Bad Fallingbostel, damit sie Kontakte knüpfen können. Die Notunterkunft hat zudem einen Andachtsraum. Er ist leer und schmucklos. "Es soll bewusst ein Gebetsraum für alle sein", unterstreicht die lutherische Christin Mogase.

"Ich versuche, für Verständnis zu werben", sagt sie. Das gelte in vielerlei Richtung. Sie kennt das Gefühl, sich in einer völlig neuen Umgebung einleben zu müssen. Als sie aus dem belebten Kapstadt das erste Mal nach Hermannsburg kam, war dort am Vormittag niemand auf der Straße, erinnert sie sich. "Kein Mensch, kein Hund, kein Geräusch." Sie hat auch erlebt, dass manche Deutsche eine Weile brauchen, um mit Fremden warm zu werden: "Veränderung ist eine schwierige Sache."