Düsseldorf (epd)Gegen den Widerstand des Bundes Historischer Deutscher Schützenbruderschaften wird am Samstag in Düsseldorf ein schwules Schützenkönigspaar ins Amt eingeführt. "Ich will mir keine Alibi-Frau dazuholen", sagte Schützenkönig Udo Figge dem Evangelischen Pressedienst (epd). Obwohl er damit gegen die Vorschriften des katholischen Dachverbandes verstößt, will er beim Krönungsball am Samstag gemeinsam mit seinem Lebenspartner Dirk Jehle auftreten. Der Bund Historischer Deutscher Schützenbruderschaften kritisierte, man habe zwar keine Einwände gegen einen schwulen Schützenkönig, doch der christlichen Tradition wegen sollte dieser bei offiziellen Auftritten eine Frau an seiner Seite haben.
Figge schoss sich Anfang August zum Kompaniekönig der Friedrichstädter Reserve im Sankt Sebastianus Schützenverein Düsseldorf-Bilk. Es sei schon lange sein Ziel gewesen, Schützenkönig zu werden. "Jetzt habe ich es endlich geschafft, und dann möchte ich die Momente auch mit meinem Mann teilen." Er und sein Partner seien im Verein schon immer offen mit ihrer Homosexualität umgegangen, sagte der 51-Jährige, der für die SPD im Düsseldorfer Stadtrat sitzt. "Das war nie ein Thema."
Keine Sanktionen
Die Bilker Schützen stehen hinter dem Paar. "Wir freuen uns über die beiden", betonte Sprecher René Krombholz. Das Schützenwesen werde heute allzu oft als verstaubt angesehen. "Dabei leben wir die Toleranz doch schon so lange."
Schützenkönig Figge appellierte an den Bund Historischer Deutscher Schützenbrüderschaften, andere Lebensentwürfe zu akzeptieren. "Wer Schwule im Verband aufnimmt, muss auch damit rechnen, dass diese irgendwann König werden."
Auch wenn sich der Bilker Schützenverein nicht an die Vorgaben des Dachverbandes hält - mit Sanktionen müssen die Mitglieder nicht rechnen. "Wir können nur sagen: Bitte haltet euch an unsere Leitlinie", sagte Rolf Nieborg, Sprecher des Bundes Historischer Deutscher Schützenbruderschaften mit Sitz in Leverkusen. "Wir können niemanden zwingen, aber deutlich machen, dass es uns missfällt."
Diskussion über Öffnung
Bereits 2011 hatte ein schwuler Schützenkönig aus Münster bundesweit für Diskussionen gesorgt. Schützenkönig Dirk Winter ging in Begleitung seines Lebenspartners zum Bundeskönigsschießen, der dabei aber einige Schritte hinter ihm laufen musste. 2012 entschied der Bund Historischer Deutscher Schützenbruderschaften, dass homosexuelle Schützenkönige nicht gemeinsam mit ihrem Partner öffentlich auftreten dürfen, sondern eine weibliche Begleitung wählen müssen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezeichnete diese Benachteiligung als rechtswidrig.
Zurzeit diskutiert der katholische Dachverband über eine Öffnung der Traditionsvereine. Dabei geht es etwa um die Fragen, ob Menschen anderen Glaubens in die Bruderschaften eintreten und König werden können, ob Geschiedene und Wiederverheiratete Führungspositionen übernehmen dürfen und wie Homosexuelle öffentlich auftreten dürfen. Darüber soll bei einer Sitzung im November entschieden werden.
Anlass war auch die Diskussion um einen muslimischen Schützenkönig aus Werl-Sönnern im vergangenen Jahr. Der Dachverband hatte Mithat Gedik seinen Titel mit Verweis auf seine Religion zunächst aberkannt. Nach einer öffentlichen Debatte durfte der Mann seine Schützenkette "ausnahmsweise" behalten, aber nicht an überregionalen Schießwettbewerben teilnehmen.