Hannover (epd)Im Tarifstreit um die kommunalen Kindertagesstätten haben Gewerkschaften und Arbeitgeber am Mittwoch einen Durchbruch erzielt. Nach dreitägigen Verhandlungen hätten sich beide Seiten auf Nachbesserungen zum Schlichterspruch für den Sozial- und Erziehungsdienst verständigt, sagte ver.di-Chef Frank Bsirske in Hannover. Die Bundestarifkommission von ver.di hatte im August überraschenderweise den Schlichterspruch abgelehnt.
Die damalige Empfehlung hatte Lohnerhöhungen zwischen zwei und 4,5 Prozent vorgesehen. "Das neue Ergebnis sieht eine Verbesserung für das Gros der Beschäftigten vor", sagte Bsirske. Über alle Berufsgruppen hinweg ergibt sich nach Angaben von ver.di eine Steigerung von 3,73 Prozent. Die Arbeitgeber erklärten, die neue Einigung sei um neun Millionen Euro teurer als das Schlichter-Ergebnis vom August.
Junge sollen profitieren
Sollte die Gewerkschaftsbasis das Ergebnis annehmen, wären weitere Streiks abgewendet. Die Einigung betrifft rund 240.000 Erzieher, Kinderpfleger, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen.
Bei Erziehern sollen nach der neuen Einigung die Gehälter um vier bis 4,5 Prozent steigen. Für Vollzeitkräfte wäre das ein Plus von 93 bis 138 Euro monatlich. Nach Angaben von ver.di steigen die Löhne um 3,73 Prozent, die kommunalen Arbeitgeber hingegen sprechen von einem durchschnittlichen Anstieg von 3,3 Prozent.
Vor allem junge Erzieherinnen und Erzieher profitierten von den aktuellen Ergebnissen, sagte Andreas Gehrke von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. "Uns war es wichtig, das vorhandene Geld gleichmäßiger zu verteilen, das ist gelungen." Willi Russ vom Deutschen Beamtenbund betonte, der Einigung seien "schwierigste Verhandlungen" vorausgegangen. "Aber am Ende ist es uns gelungen, eine Gerechtigkeitslücke zu schließen."
"Grenze der Belastbarkeit"
Gerade im Blick auf die Zuwanderung sei es entscheidend gewesen, den Erziehungsberuf wieder attraktiv für die Nachwuchskräfte zu machen, betonte ver.di-Chef Bsirske: "Die Integration beginnt oft in der Kita. Deswegen brauchen wir dort in Zukunft dringend gut ausgebildetes und motiviertes Personal." Die Einigung biete aus seiner Sicht gute Anreize, sich für das Berufsfeld zu entscheiden.
Der Präsident der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, bezifferte die Belastung der kommunalen Haushalte mit 315 Millionen Euro - neun Millionen mehr als noch im Schlichterspruch. "Das Ergebnis markiert die Grenze der Belastbarkeit, aber es ist vertretbar." Er hoffe, dass die Verhandlungsergebnisse nun auch auf Akzeptanz bei der Gewerkschaftsbasis stießen. "Wir sind unterschriftsreif."
An diesem Freitag werden Streik-Delegierte und die ver.di-Bundestarifkommission in Fulda über das Ergebnis beraten und abstimmen, kündigte Bsirske an. Dann könnte eine Urabstimmung folgen. Bis Ende Oktober habe die Gewerkschaft Zeit, sich zu dem Verhandlungsergebnis zu erklären. Den Delegationen beider Seiten habe in Hannover sehr daran gelegen, weitere Kita-Streiks abzuwenden, sagten die Tarifpartner übereinstimmend.
Sollte das Verhandlungsergebnis angenommen werden, würde es rückwirkend zum 1. Juli 2015 in Kraft treten. Vorgesehen ist eine Laufzeit von fünf Jahren. Die Tarifverhandlungen hatten sich seit dem Frühjahr immer weiter in die Länge gezogen und bundesweit zu Streiks geführt.