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Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Prozess sah Kachelmann mehrfach seine Persönlichkeitsrechte verletzt, konnte sich vor Gericht aber nicht immer durchsetzen.
Urteil: Springer muss Kachelmann 635.000 Schmerzensgeld zahlen
Beide Parteien kündigen Berufung an
Mehr als vier Jahre nach seinem Freispruch prozessiert Jörg Kachelmann noch immer gegen Medien, die aus seiner Sicht unfair berichtet haben. Das Landgericht Köln verurteilte nun den Springer-Verlag zu einer Entschädigungszahlung von 635.000 Euro.

Köln (epd)Der Medienkonzern Axel Springer muss 635.000 Euro Schmerzensgeld an den Wetterexperten Jörg Kachelmann zahlen. Das urteilte das Landgericht Köln am Mittwoch, wie Kachelmann im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Inklusive Schadenersatz und Zinsen liege die Summe sogar bei 800.000 Euro. Die Richter sahen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch Springer-Publikationen, die 2010 und 2011 über den Strafprozess gegen den Moderator berichtet hatten. Sie blieben allerdings deutlich unter der Summe von 2,25 Millionen Euro, die Kachelmann verlangt hatte. Sowohl Springer als auch Kachelmann wollen in Berufung gehen.

Nicht vorsätzlich gehandelt

Nach Springer-Angaben entfallen von der Entschädigungssumme 335.000 Euro auf Berichte in "Bild" und "Bild am Sonntag" sowie 300.000 Euro auf "bild.de", wo zumeist dieselben Artikel veröffentlicht wurden. Springer verwies zudem darauf, dass Kachelmann etwa 70 Prozent der bisherigen Gerichts- und Anwaltskosten zahlen müsse. Das Gericht habe die Auffassung vertreten, dass die "Bild"-Zeitung nicht vorsätzlich und mit Schädigungsabsicht gehandelt habe. Demnach könne "Bild" nur der Vorwurf gemacht werden, "auf einem außerordentlich schwierigen Gebiet der Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen die rechtliche Grenzziehung fahrlässig verfehlt zu haben".

Die Höhe der Forderung von Kachelmann bezeichnete Springer als "irrwitzig". Die bisher höchste bekannte Geldentschädigung in Deutschland sei die vom Oberlandesgericht Hamburg im Jahr 2009 zugesprochene Summe von 400.000 Euro für Artikel über die schwedische Prinzessin Madeleine. Damals sei es um 42 der Prinzessin zugeschriebene Falschzitate, 52 Fotomontagen sowie eine Vielzahl von Falschbehauptungen in Blättern des Klambt-Verlags gegangen. "Mit diesem Ausnahmefall ist die 'Bild'-Berichterstattung über den Strafprozess gegen Jörg Kachelmann nicht ansatzweise zu vergleichen", erklärte Springer.

Schmerzensgeldzahlungen für immaterielle Schäden, etwa durch Persönlichkeitsrechtsverletzungen, sind in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Aufgrund einer sogenannten Rechtsfortbildung durch Gerichte sind sie aber in besonders schweren Fällen möglich.

Vergleich mit Burda

Kachelmann hatte Ende 2013 beim Landgericht Köln Schmerzensgeldklagen gegen die Verlage Springer und Burda eingereicht. Insgesamt forderte er 3,25 Millionen Euro Entschädigung wegen angeblicher Rechtsverstöße in der Strafprozess-Berichterstattung. Mit Hubert Burda Media legte Kachelmann den Streit im Mai dieses Jahres durch einen Vergleich bei. Sein Anwalt Ralf Höcker nannte allerdings keine finanziellen Details.

Im März 2010 war Kachelmann wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung, den eine ehemalige Geliebte erhoben hatte, verhaftet worden. Über den monatelangen Strafprozess wurde von zahlreichen Medien intensiv berichtet. Im Mai 2011 wurde der Wettermoderator vom Landgericht Mannheim freigesprochen.