Todesstrafe keinen Platz
Washington (epd)Trotz eines Gnadengesuches aus dem Vatikan ist im US-Bundesstaat Georgia die 47-jährige Kelly Gissendaner hingerichtet worden. Die Exekution wurde laut Medienberichten am Mittwoch kurz nach Mitternacht Ortszeit per Giftinjektion im Gefängnis von Jackson vollzogen. Gissendaner war 1998 wegen Auftagsmordes an ihrem Ehemann Douglas zum Tod verurteilt worden. Der ausführende Täter, Gissendaners damaliger Geliebter Gregory Owen, wurde mit lebenslanger Haft bestraft. Als unverhältnismäßig kritisierte der evangelsiche Theologieprofessor Jürgen Moltmann die Hinrichtung der US-Amerikanerin.
Zwei Aufschübe
Vor ihrer Hinrichtung habe Gissendaner das Gospellied "Amazing Grace" gesungen, berichtete der Fernsehsender NBC. Zuletzt war in Georgia 1945 eine Frau hingerichtet worden. Gissendaner sollte bereits im Februar hingerichtet werden. Schlechtes Wetter führte jedoch zu einem Aufschub. Anfang März kam es erneut zu einem Aufschub, als Vollzugsbeamte wenige Stunde vor der Hinrichtung Zweifel an der Qualität des vorgesehenen Exekutionsmittels bekamen.
Der Apostolische Nuntius schreib am Dienstag an die Gnadenkommission von Georgia, er bitte "im Namen des Heiligen Vaters" um Gnade für Gissendaner. Papst Franziskus hatte bei seinem USA-Besuch vergangene Woche betont, jedes Leben sei heilig, und die Gesellschaft gewinne, wenn Straftäter rehabilitiert werden.
Nach Auffassung von Freunden und Unterstützern ist Gissendaner in der Haft ein vollkommen neuer und tief gläubiger Mensch geworden. Gissendaner hat im Gefängnis Theologie studiert, unter anderem mit der Ethikprofessorin Jennifer McBride vom lutherischen Wartburg College in Iowa. Gissendaners "Transformation" habe sich auch bei ihrer Fürsorge für Mithäftlinge gezeigt, schrieb McBride in der jüngsten Ausgabe der Kirchenzeitung "The Lutheran". Im Gnadengesuch schrieb Gissendaner, sie könne ihre "überwältigende Trauer und Reue" nicht in Worte fassen. Sie verstehe heute ihre Tat nicht.
Todesängste unbeschreiblich
Der evangelische Theologieprofessor Moltmann kritisierte die Hinrichtung der US-Amerikanerin scharf. Die Exekution sei ein Skandal und völlig unverhältnismäßig, sagte Moltmann am Mittwoch dem epd. In einem demokratischen Staat habe die Todesstrafe keinen Platz.
Moltmann erinnerte daran, dass die Hinrichtung der 47-Jährigen in diesem Jahr schon zweimal aufgeschoben werden musste. Die Todesängste in dieser Situation seien unbeschreiblich, sagte er. Zuletzt habe Gissendaner ihn wissen lassen, sie sei stark.
Der Tübinger Theologieprofessor stand seit mehreren Jahren im Briefwechsel mit Gissendaner, die in der Haft einen Studienkurs Theologie absolvierte. Moltmann nahm 2011 an der Graduierungsfeier für sie und neun weitere weibliche Absolventen des Kurses im Frauengefängnis Arrendale teil.
Mehr als 400 Geistliche aus dem Bundesstaat Georgia und Tausende Privatpersonen baten um Milde für Gissendaner. Ihre Fürsprecher protestierten auch gegen die "Unverhältnismäßigkeit" der Strafe. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA 1976 sei in Georgia noch nie der Auftraggeber für einen Mord zum Tod verurteilt worden. Gregory Owen könnte im Jahr 2023 auf Bewährung frei kommen.