Berlin (epd)Eine Welt ohne Hunger und extreme Armut: Das ist kein Wunschtraum aus einem utopischen Roman, sondern das ambitionierte Ziel der Vereinten Nationen. Alle Menschen sollen am weltweiten Wohlstand teilhaben. Dafür wollen die 193 UN-Mitgliedsstaaten auf ihrem Treffen vom 25. bis 27. September in New York die sogenannte Agenda für nachhaltige Entwicklung beschließen. Sie soll bis Ende 2030 erreicht sein.
17 Hauptziele
"In 15 Jahren müssen wir sagen können: Wir haben den Hunger und die extreme Armut besiegt", betont Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Hunger und Armut sind jedoch nur die ersten beiden von insgesamt 17 Hauptzielen und 169 weiteren Vereinbarungen des anspruchsvollen Katalogs. Gefordert werden auch menschenwürdige Arbeitsbedingungen überall auf der Welt, Klimaschutz, hochwertige Bildung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Beseitigung von sozialer Ungleichheit.
Wie kann so etwas gelingen? "Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer müssen an einem Strang ziehen", sagt Müller. Jedes Land müsse seinen Beitrag leisten. Damit verweist der CSU-Politiker auf einen wesentlichen Unterschied zu den im Jahr 2000 vereinbarten Millenniumszielen. Die sahen vor, den Anteil der Menschen in absoluter Armut und der Hungernden bis 2015 zu halbieren. Die Nachhaltigkeitsziele sind ein neuer Fahrplan, der auch ökologische Vorgaben und Gerechtigkeitsziele für die reichen Länder enthält. Die Bundesregierung arbeitet deshalb bereits an einem Umsetzungsplan.
Rüstungsexporte reduzieren
Klaus Seitz, Leiter der Abteilung Politik der Entwicklungsorganisation "Brot für die Welt", unterscheidet dabei zwei Dimensionen. Zum einen könne Deutschland ärmere Länder finanziell und mit Wissen unterstützen, um Armut und Hunger zu überwinden, Lösungen im Klimaschutz zu finden und friedensstiftend zu wirken. "Ohne Frieden geht gar nichts", betont der Sozialwissenschaftler. Deshalb sei auch das Ziel 16, friedliche, nachhaltige Gesellschaften zu schaffen, ein wichtiger Punkt der Agenda. Das bedeute zum Beispiel auch, Deutschlands "Rüstungsexporte drastisch zu reduzieren".
Zum anderen müsse aber auch vieles innerhalb Deutschlands passieren, betont Seitz: "Unser ökologischer Fußabdruck ist zu hoch." Die Deutschen lebten weit über ihre Verhältnisse. Der gängige Lebensstil brauche ein gerechtes Maß, er müsse für alle Menschen möglich sein. Dafür sei jedoch der Fleischkonsum und die Flugzeugnutzung in Deutschland zu hoch. Es müsse mehr auf regionale Produkte gesetzt werden, sagt Seitz.
Die Nachhaltigkeitsexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Christine Wenzl, wirbt ebenfalls für eine neue Einstellung - etwa bei Produktion und Konsum. Ressourcen könnten geschont werden, wenn Geräte langlebiger hergestellt würden. "Da müsste man politisch gegensteuern, die Garantiezeiten hochsetzen und Geräte wieder reparierbar machen", erläutert Wenzl. Ein anderes Beispiel seien die erneuerbaren Energien. Es müsse einfacher werden, sich zu in dem Bereich engagieren, etwa in Bürgergenossenschaften.
Dienstfahrräder für alle Beamten
Wenzl ist zudem davon überzeugt, dass ein nachhaltiger, global verträglicher Lebensstil nicht unbedingt als Verzicht empfunden werden muss. Wichtig seien gute Ideen und Strukturen, etwa auf kommunaler Ebene. Zum Beispiel solle in Kopenhagen die Hälfte der Bürger aufs Fahrrad umsatteln, weshalb man "Fahrradautobahnen quer durch die Stadt" baue. Zürich stelle Dienstfahrräder für alle Beamten zur Verfügung. All diese Ideen leisteten einen Beitrag zum Klimaschutz, betont Wenzl.
Was jetzt getan werden müsse, sei, sich für alle Nachhaltigkeitsziele zu überlegen, was Deutschland tun könne, sagt die Umweltexpertin. "Sonst sägen wir den Ast ab, auf dem wir sitzen."