Der Titel weckt unwillkürlich Assoziationen zu dem fast gleichnamigen erfolgreichen Kinofilm "Die Kirche bleibt im Dorf". Mit dem heiter-turbulenten Schwabenstreich, aus dem der SWR auch eine ähnlich vergnügliche Serie gemacht hat, hat die ZDF-Produktion "Das Kloster bleibt im Dorf" jedoch fast nichts gemeinsam; sieht man mal von der Tatsache ab, dass dort die Kirche und hier ein Kloster verkauft werden soll. Ansonsten aber ist der Film nur scheinbar die leichte Komödie, die der Titel erwarten lässt. Tatsächlich gelingt Thomas Oliver Walendy das Kunststück, seine Geschichte mit grundsätzlichen theologischen Gedanken zu verknüpfen.
Zunächst jedoch ist der Tonfall in der Tat heiter. In einem der Kontemplation gewidmeten Eifelkloster gehen die letzten drei Nonnen Johanne (Suzanne von Borsody), Philippa (Gertrud Roll), Brionie (Therese Hämer) sowie Novizin Ruth (Alina Levshin) ihrem üblichen Tagwerk nach: beten und arbeiten; die Frauen leben vom Verkauf von Bienenprodukten und Hostien aus eigener Herstellung. Sie ahnen nicht, dass der Bischof (Lambert Hamel) längst das Ende ihres beschaulichen Daseins beschlossen hat: Die katholische Kirche braucht Geld, also soll das Kloster verkauft werden. Da die Damen neben Armut und Keuschheit auch Gehorsam gelobt haben, ist die Auflösung des uralten Besitzes, mit dem nicht zuletzt an ein mittelalterliches Wunder erinnert wird, bloß Formsache. Aber der Bischof und sein intriganter Sekretär (Jörn Hentschel) haben die Rechnung ohne Ruth gemacht. Die junge Frau mit der rebellischen Vergangenheit hat noch kein Gelübde abgelegt und darf daher protestieren. Also aktiviert der Bischof seine Geheimwaffe: Psychologin Purscheck (Ann-Kathrin Kramer), offiziell Mediatorin, entpuppt sich als Gesandte des Teufels und sorgt mit miesen Tricks dafür, dass die Klosterfrauen Gehorsam leisten.
Das ist ein Komödienstoff, keine Frage, und genauso setzt Walter Weber die Geschichte anfangs auch um. Das klösterliche Quartett wirkt ein wenig wunderlich, zumal die betagte Philippa, einst die Priorin des Hauses, sich immer wieder mit ihrer Nachfolgerin Johanne um jene Schlüssel streitet, die als Insignien der Führung gelten. Für komische Momente sorgt auch Gustav Peter Wöhler als sympathischer Dorfpfarrer Dobisch, der einen Mops namens Goliath hat und den Nonnen die schlechte Nachricht überbringen muss. Später wird Ulrike Purscheck ausgerechnet den Mops missbrauchen, um Dobisch zur Kollaboration zu zwingen. Für die zuletzt meist auf Frohnaturen festgelegte Ann-Kathrin Kramer, die ja selbst schon mehrfach im Habit gespielt hat ("Die Nonne und der Kommissar"), ist die durchtriebene Psychologin eine ungewöhnliche Rolle, was sie sichtlich genießt: Sie verkörpert die betont blonde Mediatorin mit den knallrot geschminkten Lippen, die sich als "rettender Engel" vorstellt, als verführerische Dämonin in Menschengestalt, gegen deren Intrigen die naiven Gegenspielerinnen nicht den Hauch einer Chance haben. Wie raffiniert sie dabei vorgeht, zeigt spätestens der Zweifel, den sie in Johannes Herz sät; der entsprechende Dialog ist pure Theologie.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Thomas Oliver Walendy ("Frösche petzen nicht", "Stille Post") hat schon bei "Zum Kuckuck mit der Liebe" gezeigt, wie gut er einen Dramenstoff als Komödie verpacken kann. Es ist ganz amüsant, wie die gutgläubigen Nonnen auf dem Weg in ihr neues Domizil in Rom wieder kehrt machen, aber schon die Heimkehr ist nicht mehr lustig: Purscheck hat nicht lange gefackelt, das Kloster wird bereits ausgeräumt. Dabei ist das Gemäuer einst auf jenem Grund und Boden errichtet worden, auf dem Bienen vor 1500 Jahren einen Missionar vor den heidnischen Einheimischen gerettet haben; deshalb war Johanne auch überzeugt, der Bischof werde das Kloster nicht zweckentfremden. Unsere Kirche, klärt sie jedoch der Sekretär auf, "braucht keine Wunder mehr." Hin und hergerissen zwischen ihrem Gelübde und der Überzeugung, das Andenken an den Heiligen Willibrord (den gab es tatsächlich) zu bewahren, werden die Nonnen zu Hausbesetzerinnen, aber nun greift die Psychologin zu jenen miesen Tricks, die der Bischof euphemistisch als Kirchendiplomatie bezeichnet. Dobisch wird erpresst, auf eine Predigt über "Kadavergehorsam" zu verzichten und den aufmüpfigen Nonnen die Heilige Kommunion zu verweigern; und die zwischenzeitlich einem Schlaganfall erlegene Brionie darf erst dann auf dem Klosterfriedhof bestattet werden, wenn die Hausbesetzerinnen das Kloster verlassen.
Die Rollen sind ausnahmslos gut und treffend besetzt; gerade Suzanne von Borsody spielt die Priorin als prima inter pares, die dank der Einflüsterungen der Psychologin schließlich sogar an den Grundfesten ihres Glaubens zweifelt, sehr glaubwürdig. Gleiches gilt für ihre Kolleginnen, wobei Alina Levshin als schöne Novizin naturgemäß auch als Blickfang wirkt. Sehr hübsch sind auch diverse Details, mit denen "Das Kloster bleibt im Dorf" am Rande erfreut: das kurze Zögern Johannes, als Purscheck ihr zur Begrüßung eine behandschuhte Hand hinhält; oder die gepflückten Blumen im Honigglas, mit dem die Schwestern Brionies Grab geschmückt haben. Und selbstredend sorgt Walendy dafür, dass am Ende ein veritables Wunder alles zum Guten wendet.