epd-bild / Klaus Honigschnabel
Ein Programm des bevorstehenden Papstbesuchs auf Kuba hängt in einer Kirche in Baraco (Kuba).
Hoffnungsträger aus Rom
Bei seinem Besuch in Kuba richten sich sehr unterschiedliche Erwartungen an Papst Franziskus
Zwischen Regimekritik und Legitimation: Vor dem Papstbesuch hoffen Oppositionelle auf ein Treffen mit Franziskus und klare Worte. Die kubanische Staatsführung will ihr Image aufbessern.
18.09.2015
epd
Susann Kreutzmann (epd)

São Paulo (epd)Berta Soler hofft sehr auf eine persönliche Begegnung mit Papst Franziskus. "Wir haben ihn in einem Brief darum gebeten", sagt die Leiterin der Menschenrechtsgruppe "Damas de Blanco" (Frauen in Weiß). Eine Antwort aus dem Vatikan gibt es noch nicht. Die 52-jährige Kubanerin bangt weiter, will die Hoffnung aber nicht aufgeben. "Wir sind auf alles vorbereitet, vor allem auf eine Welle der Repression und Verhaftungen." Ab Samstag besucht Papst Franziskus vier Tage lang den sozialistischen Inselstaat.

Gemeinsam die Messe besuchen

In den vergangenen Tagen zeigte sich die kubanische Staatsführung zunehmend nervös und verhaftete zahlreiche Aktivisten. Manche blieben für Stunden, manche für Tage im Gefängnis. Die Aktivisten verbinden große Erwartungen mit dem Besuch des Papstes. "Wenn ein Wunder geschieht, lassen sie uns an den Messen teilnehmen", sagt Soler. Die Gruppe "Damas de Blanco" formierte sich 2003 nach einer Verhaftungswelle unter Regimekritikern. Seitdem besuchen die Frauen jeden Sonntag gemeinsam die Messe und marschieren dann durch das Diplomatenviertel Miramar.

Eigentlich sollte Kuba für Franziskus nur ein Abstecher auf dem Weg in die USA sein. Aber für viele Beobachter überraschend kündigte der Vatikan einen viertägigen Besuch mit einem straffen Programm an. Das Oberhaupt der katholischen Kirche wird drei große Messen feiern, in Havanna, Holguín und Santiago de Cuba. Dabei werden von Franziskus auch offene Worte über die aktuelle Situation auf Kuba erwartet.

Nach Johannes Paul II. und Vorgänger Benedikt XVI. ist Franziskus der dritte Papst, der die Karibikinsel besucht. Erstmals reiste 1998 Johannes Paul II. nach Kuba. Franziskus, damals noch Weihbischof in Buenos Aires, gehörte damals zum Papst-Tross.

Bei allen Messen wird auch Staatschef Raúl Castro zugegen sein, wie die kubanische Regierung betonte. Castro schätzt den Argentinier sehr. "Wenn der Papst so weitermacht, kehre ich zur katholischen Kirche zurück", sagte der 84-Jährige im Mai nach einer Privataudienz im Vatikan. "Ich habe dem Papst gesagt: Ich habe mehr Messen gehört als Sie", erzählte Castro, der eine Jesuitenschule besucht hat.

Doch das Verhältnis der katholischen Kirche zum kubanischen Staat ist immer noch nicht frei von Spannungen, auch wenn es in den vergangenen Jahren viele Anzeichen der Annäherung gab. Der Erzbischof von Havanna, Jaime Ortega, tritt seit Jahren als Vermittler auf. Dabei weiß er neu geschaffene Freiräume geschickt zu nutzen. 2012 war er es, der sich bei Castro für die Freilassung von 52 politischen Häftlingen einsetzte.

Noch 2010 wäre dies undenkbar gewesen. Damals starb der Oppositionelle Orlando Zapata in Gefangenschaft nach einem knapp dreimonatigem Hungerstreik, obwohl sich die Kirche für ihn einsetzte. Die Hoffnung auf mehr Freiheit auf Kuba schien sich zu zerschlagen. Erst seit einer Verfassungsreform 1992 gilt auf Kuba die Religionsfreiheit. Danach erlebte die katholische Kirche einen Boom, es entstanden zahlreiche neue Gotteshäuser und Priesterseminare.

Ambivalente Haltung der Kirche

Doch viele Oppositionelle kritisieren eine ambivalente Haltung der Kirche gegenüber der sozialistischen Staatsführung. Obwohl unter den Regimekritikern viele bekennende Katholiken sind, werfen sie der Kirchenleitung vor, die Verletzung von Grundrechten durch die Behörden nicht deutlich genug anzuprangern. "Die Kirche ruft uns neuerdings, wenn es eine Situation gibt, die sie besorgt, und wir helfen könnten, sie zu lösen", sagt der Koordinator der Oppositionsbewegung Unpacu, José Daniel Ferrer, in einem Interview. "Aber sie rufen uns nicht, wenn die Repression zunimmt, wir verhaftet oder verprügelt werden."

Dennoch haben sich viele Kubaner in den vergangenen 20 Jahren wieder der Religion zugewandt. Viele Katholiken sind Anhänger der afrokubanischen Santería. Dabei vermischen sich beide Religionen. Seit einigen Jahren sind auch wieder Wallfahrten nach Rincón erlaubt, einem kleinen Dorf in der Nähe von Havanna. Mitunter auf Knien rutschend pilgern die Gläubigen zu der Dorfkirche, um den Heiligen Lazarus oder Babalú Ayé, die entsprechenden Santería-Gottheit, um Erfüllung ihrer Wünsche zu bitten.