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Manfred Schmidt. Am Donnerstag ist er von seinem Amt als Präsident des Bundesamtes fürr Migration und Flüchtlinge zurückgetreten.
Nicht im Büro versteckt
Manfred Schmidt hat sich an der Spitze des Bundesamts für Flüchtlinge den schwierigen Themen gestellt
Mitten in der politischen Debatte um den Umgang mit der Flüchtlingskrise tritt Bundesamtspräsident Schmidt zurück. Der Jurist ist den schwierigen Fragen zwischen Humanität und Recht nicht ausgewichen.
17.09.2015
epd
Jutta Olschewski (epd)

Nürnberg (epd)Sommer 2014: 20 Männer und Frauen aus Pakistan und Afghanistan besetzen den Hof des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Sie haben genug von Kettenduldungen und jahrelangem Warten auf eine Entscheidung in ihren Asylverfahren. Sie drohen mit einem Hungerstreik. Der Präsident des Bundesamts, Manfred Schmidt, versteckt sich nicht in seinem Büro. Er beobachtet lange die Lage und diskutiert anschließend mit den Protestierern. Er zeigt Verständnis für deren Situation.

Immer korrekt

Aber, alles müsse nun einmal seinen korrekten amtlichen Gang gehen, wirbt er seinerseits um Verständnis. Man könne noch nicht einzelne Asylbewerber bevorzugen. Sie sollten sich gedulden. Die Protestierer sind verschwitzt, haben bei brütender Hitze lange ausgeharrt. Der Bundesamts-Chef steht vor ihnen in grauem Anzug mit weißem Hemd und Krawatte, edles Schuhwerk.

In jeder Situation war Schmidt der Inbegriff des korrekten Beamten, wenn man einmal vom Zigarillo-Konsum absieht. Am Donnerstag warf er aus "persönlichen Gründen" inmitten der Flüchtlingskrise das Handtuch.

Bei seinen Auftritten wirkte der 56-Jährige häufig freundlich, sachlich, ruhig, aber nicht greifbar. Seine Rhetorik ist geschliffen, seine Reden rissen dennoch nicht mit. Aber er konnte auch Herz zeigen - so beim Empfang somalischer und eritreischer Familien am Flughafen in Nürnberg, als er sich spontan zu den Flüchtlingskindern niederkniet und Tränen der Rührung in seine Augen treten.

In den vergangenen Monaten gab Schmidt aber auch immer wieder den harten Hund. Der Jurist forderte Leistungskürzungen für Balkan-Flüchtlinge, die Rechtsexperten für nicht machbar halten. Er kritisierte im vergangenen Jahr die Kirchen scharf und drohte indirekt mit dem Ende für jede Art des Kirchenasyls.

Videos auf Facebook

Schmidt setzte mehr Personal für die Behörde durch, verteidigte standhaft die Arbeit seines Amtes. Auch den Medien versuchte er unermüdlich zu erklären, dass es doch schon Verbesserungen bei der Bearbeitungszeit der Asylanträge gegeben habe. Schmidt gab viele Interviews und erklärte auch in Videos auf Facebook die Arbeit seiner Behörde, die inzwischen einem Hase-und-Igel-Wettlauf gleichkommt.

Als Manfred Schmidt im Dezember 2010 das Amt des Präsidenten des Bundesamts antrat, war die Zahl der nicht behandelten Asylanträge bereits hoch. Er wollte dies ändern. Erfolg hatte er mit seinen Versuchen zur Beschleunigung der Verfahren indes nur wenig. Trotz vieler neuer Mitarbeiter blieben die Prozesse zu kompliziert und eingefahren, sagen Insider.

Unter Schmidts Leitung konzentrierte sich das Bundesamt in den vergangenen Jahren aber auch immer mehr darauf, sich ein Profil als Einwanderungsbehörde zu geben. Davon zeugen Homepage und Facebook-Auftritt. Schmidt hätte gerne die öffentliche Aufmerksamkeit für seine Behörde in Sachen Asyl weggelenkt auf das Thema Integration von Migranten in die Arbeitswelt.

Eigentlich wollte er Polizist werden

Der gebürtige Frankfurter hat in einem Interview einmal verraten, dass er zunächst Polizist werden wollte. Er studierte dann aber Jura, promovierte und begann 1990 seine Karriere im Bundesinnenministerium. 2004 wurde Schmidt dort Zentralabteilungsleiter, war für Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz zuständig. In die Bundesoberbehörde des Bundesinnenministeriums für Zuwanderung und Flüchtlinge wechselte Schmidt im Dezember 2010. Über einen Nachfolger wurde zunächst nichts bekannt.