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Bootsflüchtlinge im Hafen von Palermo.
De Maizière: «Wir müssen zu einer Verteilung kommen»
Bundesregierung macht in der EU-Flüchtlingspolitik Druck
Das Zeichen ist klar: Mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zeigt Deutschland, dass es die ungehinderte Einreise von Flüchtlingen nicht weiter hinnehmen und die EU-Partner in die Pflicht nehmen will. Am Montag beraten die Innenminister.

Frankfurt a.M. (epd)Nach der kurzfristigen Wiedereinführung von Grenzkontrollen verschärft die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik ihre Forderung nach Entlastung innerhalb der EU. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, Deutschland könne die bisherigen Lasten bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht weiter schultern. "Wir müssen zu einer Verteilung kommen", betonte er. Auch wenn die Beratungen der EU-Innenminister am Montag keine Lösung bringen, erhoffe er sich doch einen "großen Schritt vorwärts", sagte der Minister im "heute-journal" des ZDF.

Aus Sicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sind die von der Bundesregierung angeordneten Grenzkontrollen nur als vorübergehende Notmaßnahme zu rechtfertigen. Sie dürften lediglich als Atempause in einer Krisensituation gesehen werden und "nie und nimmer dazu führen, dass sich Deutschland seiner Pflicht entzieht mitzuhelfen, Flüchtlinge würdig zu empfangen", sagte der bayerische Landesbischof dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande eines Besuchs bei Flüchtlingen in Ungarn und Serbien.

In Beurteilung einig

Auch Innenminister de Maiziére betonte, dass die Kontrollen nicht von Dauer sein sollen. Für wie lange sie geplant sind, wollte er am Sonntagabend im ZDF indes nicht sagen. "Wir wären nicht klug beraten, wenn wir das jetzt mitteilen würden", sagte er.

Vor der Anordnung der Kontrollen zunächst vor allem an der Grenze zu Österreich hatte sich die Bundesregierung mit den Bundesländern und europäischen Nachbarn abgestimmt. Nach Angaben einer Sprecherin telefonierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend mit dem französischen Präsidenten François Hollande. Sie seien sich in der "Beurteilung der gegenwärtigen Flüchtlingssituation einig", hieß es aus dem Kanzleramt.

Die Innenminister der 28 EU-Staaten kommen am Montagnachmittag in Brüssel zu einem Sondertreffen zusammen. Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche Pläne für eine kurzfristige Umsiedlung von 160.000 Menschen vorgestellt, die in Griechenland, Italien und Ungarn angekommen sind. Widerstand gegen das Vorhaben kommt unter anderem von den Regierungen Polens, Tschechiens und der Slowakei. Auch Ungarn, dass laut den Plänen von der Umverteilung profitieren soll, hat schon sein Desinteresse an dem Brüsseler Quotenkonzept bekundet. Deutschland hingegen will sich bei dem Ministertreffen für eine schnelle Verwirklichung der Verteilpläne einsetzen und langfristig eine gleichmäßigere Aufteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten erreichen.

Kein "Wahlrecht"

Bundesinnenminister de Maizière sagte, damit hätten die Flüchtlinge kein "Wahlrecht" für ein EU-Land. "Wenn verteilt wird, dann wird verteilt. Dann muss man auch dort bleiben, wohin man verteilt worden ist", betonte er.

Auch der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm sprach sich für eine faire Verteilung der Asylbewerber auf alle EU-Länder aus. Zwar wünsche er sich, dass die Flüchtlinge selbst entscheiden, in welches Land sie gehen, sagte der oberste Repräsenant der Protestanten in Deutschland. Doch zugleich schränkte er ein: "Deutschland hat sich bisher so gut verhalten, dass jetzt natürlich viele Flüchtlinge hierher wollen. Das wird realistischerweise nicht für alle zu erfüllen sein."

Abschreckung indes dürfe nie eine Reaktion auf Flüchtinge sein. "All die Menschen, die aus Verzweiflung über Terror, Krieg und Gewalt nach Deutschland kommen, mit Stacheldraht oder Elektrozäunen zu empfangen, steht zutiefst im Widerspruch zu den christlichen Grundorientierungen Europas", sagte Bedford-Strohm.