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Der Bildungsausschuss von Eilbahay in Somaliland. Ihm ist zu verdanken, dass aus dem Unterricht unter staubigen Bäumen eine Schule mit vier Räumen wurde.
Mit Kreide und Beharrlichkeit
Schule in Somaliland
Das somaliländische Dorf Eilbahay verdankt seinem «Bildungsausschuss», dass aus dem Unterricht unter staubigen Bäumen eine Schule mit vier Räumen wurde. Drei alte Männer leisten Überzeugungsarbeit bei Eltern und Behörden.
08.09.2015
epd
Bettina Rühl (epd)

Hargeisa (epd)Unter einem der wenigen dürr belaubten Bäume sitzen drei alte Männer. Sie sind der «Bildungsausschuss» von Eilbahay, einem Dörfchen im Westen Somalilands. In ihren Händen liegt unter anderem die Verwaltung der Grundschule. «Wenn wir beispielsweise zu wenig Schüler haben, gehen wir von Haus zu Haus und werben bei den Eltern für den Schulbesuch», erklärt der Dorfälteste Omar Ahmed Warsame.

Engagement der Bürger

Den Staat Somaliland gibt es offiziell nicht. Die internationale Gemeinschaft hat ihn nicht anerkannt, obwohl sich die Region im Nordwesten Somalias schon im Mai 1991 für unabhängig erklärte. Sie gilt stattdessen als Teil Somalias, dem chronischen Bürgerkriegsland im Süden. Dennoch hat Somaliland eine Küstenwache, Polizisten, Gefängnisse - und auch Schulen. Vieles verdankt die Regierung dem Engagement ihrer Bürger.

Ein paar weit verstreute Hütten zwischen dornigen Büschen, das ist Eilbahay. Trotz der mittäglichen Hitze zeigen sich einige Ziegen. Die Siedlung liegt etwa 50 Kilometer nordwestlich der somaliländischen Hauptstadt Hargeisa. Auf dem schwarzem Jackett des Dorfältesten liegt eine feine Schicht Steppensand. Seine linke Schulter hat er mit einem Palästinensertuch dekoriert, die Beine bedeckt eine weite Hose aus afrikanischem Stoff. Dazu trägt er eine muslimische Kopfbedeckung, schwarze Straßenschuhe und einen Gehstock.

Mit dem Bürgermeister als dem Vertreter des modernen Staates arbeiteten die traditionellen Ältesten gut zusammen, sagt Omar. «Schließlich geht es darum, das Beste für die Bevölkerung zu erreichen.» Aber die Ältesten nehmen auch die Dorfbewohner in die Pflicht: In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit 1991 wurden die Kinder von Eilbahay unter den Bäumen unterrichtet. Um endlich eine Schule bauen zu können, gingen die traditionellen Dorfchefs von Haus zu Haus, sammelten Geld bei den Eltern, fragten aber auch den Bürgermeister nach staatlicher Unterstützung. Auf diese Weise kam genug Geld für ihre Schule zusammen, das Bauen übernahm die Bevölkerung selbst.

Das steinerne Gebäude besteht aus vier einfachen Klassenzimmern, die Kinder sitzen an Pulten aus Holz. In einem der Räume unterrichtet gerade Schuldirektor Mahamad Mohamed Hassan Mathematik. Immerhin hat er Kreide, um die Formeln an die schwarze Tafel zu schreiben. Jungen und Mädchen sitzen gemeinsam im Klassenzimmer, alle hören aufmerksam zu.

Hassan ist von Anfang an mit dabei, «und ich bin stolz darauf, hier zu unterrichten». Ihr Gehalt beziehen die Lehrer von der somaliländischen Regierung - eine bescheidene Summe. Als Direktor erhält Hassan mit umgerechnet gut 70 Euro im Monat noch am meisten. Aber immerhin wird das Geld regelmäßig ausgezahlt, was auf dem Kontinent keine Selbstverständlichkeit ist.

Nicht genug Lehrmaterial

Trotzdem, die Mittel der Schule sind knapp. Für manche Fächer gibt es nur ein einziges Schulbuch, das muss der Lehrer für alle mit Kreide an die Tafel kopieren. Unterrichtet werden sieben Fächer, darunter Englisch und Naturwissenschaften. Was die Qualität des Unterrichts angeht, ist Hassan realistisch: «Es ist immer noch besser, als wenn die Kinder gar nichts lernen würden», sagt der Direktor. «Aber wir haben nicht genug Lehrmaterial, und unsere Lehrer sind nicht gut ausgebildet.»

Das räumt auch Mohammed Hassan Ibrahim ein, Generaldirektor im Bildungsministerium. «Aber wenn man bedenkt, dass nach dem Krieg 1991 alles zerstört war, sind wir weit gekommen.» Immerhin geht fast die Hälfte der Kinder in die Schule, bei einer teils nomadisch lebenden Bevölkerung ist das tatsächlich gar nicht so schlecht.

Viele Schwächen im Bildungssystem erklärt Ibrahim unter anderem mit dem schmalen Budget seines Ministeriums von derzeit acht Millionen US-Dollar (rund 7,2 Millionen Euro) im Jahr. Das Geld fließe fast völlig in Gehälter, dabei liegt das Grundgehalt in der Regel bei bescheidenen 90 Euro, auf dem Land kann es auch weniger sein. «Für dieses Geld geht keine gute Kraft in entlegene Regionen, in denen das Leben hart ist». Deshalb sei vor allem der Unterricht außerhalb der Städte eher schlecht.

Keine Perspektive

Vielleicht noch schlimmer sei aber, dass es für Schulabgänger kaum Perspektiven gebe. Denn außer einem Studium an einer der fast ausschließlich privaten Universitäten bieten sich ihnen laut Ibrahim fast keine Alternativen. Dabei brauche es viel mehr praktisches Können und Ausbildungsplätze. «Was die jungen Leute lernen, geht am Bedarf des Marktes vorbei. Deshalb finden sie keinen Job», stellt Ibrahim selbstkritisch fest. Den einzigen Ausweg sähen viele in der lebensgefährlichen Überfahrt nach Europa.