Der Titelzusatz "Klops braucht der Mensch!" lässt zwar Schlimmes befürchten, doch dank der für "Arnies Welt" mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Regisseurin Isabel Kleefeld (zuletzt ""Besser als Du") ist der Film eine sanfte melancholische Komödie, die zwar ganz auf ihren Hauptdarsteller zugeschnitten ist, aber neben ihm noch viel Platz für die weiteren Mitwirkenden lässt; Hallervorden wird unter Kollegen nicht zuletzt dank seiner gewaltigen Bühnenerfahrung ohnehin als Mannschaftsspieler geschätzt. Das Drehbuch von Andrea Stoll ("Und alle haben geschwiegen") basiert auf dem gleichnamigen Roman der New Yorker Autorin Lily Brett, die 1946 in Oberbayern als Tochter zweier Auschwitz-Überlebender zur Welt gekommen ist.
Zumindest in Teilen erzählen Buch und Film auch ihre Geschichte: Edek Rotwachs hat einst Auschwitz überlebt und ist nach dem Krieg nach Australien ausgewandert. Seit fünf Jahren ist er Witwer, seine Freunde leben nicht mehr, und deshalb überredet Tochter Ruth (Anja Kling) ihren Vater, zu ihr nach Berlin zu ziehen. Dort geht er ihr allerdings bald auf den Wecker (oder "auf die Uhr", wie Edek in seinem lustigen Deutschjiddisch sagt), denn der betagte Herr fühlt sich noch quicklebendig und hat keine Lust, still in der Ecke zu sitzen und auf den Tod zu warten. Zunächst stiftet er allerlei Unruhe in Ruths Büro, dann lässt er sich auf ein finanzielles Abenteuer ein: Gemeinsam mit der gleichfalls verwitweten polnischen Urlaubsbekanntschaft Zofia (Franziska Troegner) und ihrer Freundin Valentina (Natalia Bobyleva) will er ein Fleischklops-Restaurant aufmachen, allerdings jwd, wie der Berliner sagt: janz weit draußen. Das kann nicht funktionieren, denkt sich die stets besorgte Ruth, doch der Ruf der Klopse verbreitet sich wie ein Lauffeuer, denn Zofias Fleischbällchen sind laut Edek "nicht von dieser Welt", und das schlicht "Klops" genannte Lokal wird zum "Hotspot" der Stadt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Darüber hinaus ist es den Verantwortlichen hoch anzurechnen, dass das Holocaust-Thema keineswegs versteckt wird. Gerade der Kontrast zwischen Edek, der allen Grund dazu hätte, überall nur halbleere Gläser zu sehen, und seiner ständig schwarz sehenden (und entsprechend gekleideten) Tochter macht den großen Reiz dieser sympathischen sanften Komödie aus. Im Anschluss an den Film zeigt die ARD das Porträt "Dieter Hallervorden – Ein Mann mit Humor und Tiefgang".